Fotos: Inge und Christian Reuter
Text: Christian Reuter
Grosses Theater auf kleinen BÜhnen
Sammlung Christian Reuter
Im Jahre 2000 wurde das frühere Küsterhaus der Dionysioskirche restauriert und untersteht seitdem dem Kultur- und Heimatverein Essen-Borbeck e. V., der es als „Alte Cuesterey“ für Veranstaltungen und interessante wechselnde Ausstellungen zur Verfügung stellt und nutzt.
Dort wurde am 18. 11. 2011 die diesjährige Weihnachtsausstellung des Hauses mit dem Titel „Großes Theater auf kleinen Bühnen“ eröffnet.
Sie zeigt die Geschichte des Papiertheaters mit einer Fülle der lithographierten Dekorations- und Figurenbogen, aus denen seit Anfang des 19. Jahrhunderts bis in die 1930er Jahre vor allem in bürgerlichen Familien die kleinen Hausbühnen gebaut wurden. Die Bogen mit dem Hintergrund, den Seitenkulissen oder Versatzstücken und die Figurenbogen wurden auf Pappe geklebt und ausgeschnitten. Damit wurden in einer aus wunderschönen Dekorationen und gestaffelt aufgestellten Seitenkulissen aufgebauten Gassenbühne von großer Tiefenwirkung mit den flachen Papierfiguren die bekannten Opern, Dramen und Lustspiele des großen Theaters - oft in verkürzter Form - zu Hause von der Familie für Familie und Freunde nachgespielt.
In der ersten Etage sind in besonders beeindruckender Form 40 solcher Haustheater von deutschen und ausländischen Firmen anzusehen. Von Theaterstücken wie Wilhelm Tell, Götz von Berlichingen, Fidelio, Martha oder Die Zauberflöte sind Szenen aufgestellt. Aber auch Märchenstücke, wie Rübezahl oder Hänsel und Gretel, da sich das Papiertheater gegen Ende des 19. Jahrhunderts immer mehr auch zum Kindertheater entwickelte, werden gezeigt. Die ältesten Bühnen stammen etwa aus der Zeit von 1840 und Dürenmatts „Die Physiker“ sind auf der jüngsten Bühne aus dem Jahr 2004 zu sehen. Vorgängerformen, wie Guckkästen, Kostümzeichnungen, Schauspielerbilder, Krippen und Pop-up-Theater zeigen das Umfeld und die Entwicklung des Haustheaters dieser Form.
Die Verbürgerlichung der Kultur seit der Zeit der Aufklärung und die Theaterleidenschaft des Bürgertums dieser Epoche mit dem aufkommenden Bildungswesen der Kindererziehung, begründete die Massenproduktion der Bilderbogenfabriken, die das Thema der Theaterbilder in dieser Form aufgriffen und sie Dank der Erfindung der Lithographie um 1800 auflagenstark und billig produzieren konnten. Der Lithographie ist eine Tischvitrine gewidmet.
Papiertheater gehörte zu Weihnachten, Aufführungen im Familienkreis waren in diesen Tagen üblich und neue Papiertheaterbogen waren Weihnachtsgabe. So ist auch auf einer Bühne „Knecht Rupprecht“ aufgebaut. Und die Krippe als eine der Vorformen des Papiertheaters gehört ebenso unbedingt in eine Weihnachtsausstellung.
Bis zum 8. Januar 2012 darf man sich außer montags von 15 bis 18 Uhr von den Bildern und Bühnen begeistern lassen.
Christian Reuter Dezember 2011