Editorial
Liebe Leserinnen und Leser,
Ausgabe 7 mit Neuigkeiten aus Berlin und einem weiteren vollständigen Libretto zum Spielen auf der heimischen Papiertheaterbühne: Wer gibt den Troubadour?
Uwe Warrach berichtet von der diesjährigen Mitgliederversammlung am 24. Mai in Hanau, stellt den neu gewählten Vorstand vor und würdigt die Vorgänger; Erika Klein erzählt vom 10. Symposium.
Und zu guter Letzt: Studenten der Muthesius Kunstschule Kiel präsentieren ihre Semesterarbeit: 90 Minuten Papiertheater.
(rs)
Eis in der TÜte und am Stiel
INHALT – Nr. 7 – Juli 2008
Norbert Neumann über „Ein Traum“ in Berlin Seite 2
Hans-Jürgen Gesche und Uwe Warrach präsentieren ihre Version von Giuseppe Verdis „Troubadour“ Seite 3
Uwe Warrach stellt den neuen Vorstand unseres Vereins Forum Papiertheater vor Seite 4
Erika Klein über das 10. Symposium des Forum Papiertheater e.V. in Hanau Seite 5
Studenten der Muthesius Kunstschule
Kiel präsentieren ihre Semesterarbeit:
5 Papiertheaterstücke
Seite 6
Das PapierTheater Nr.7 SEITE 2 Juli 2008
Berlin
Szene aus „Ein Traum“
„Ein Traum“ heißt das neue Stück von Frits Grimmelikhuizen: Auto-Blechlawinen und Panzer-Kolonnen wälzen sich durch eine menschenleere Welt, bis sie in einer Sintflut versinken, in deren Wogen sich Fische und ein wundershönes Mädchen friedlich tummeln und wo nach der Sintflut wieder Bäume wachsen …
Ein 15-minütiger Traum, mit elektronisch-musikalischen und bildlichen Anklängen an Frits’ „Letzte Lieder” und seinen Welterfolg (keine Übertreibung: Er brachte es auf weltweit 2187 Aufführungen!) „Variationen über Kandinsky“.
Die Welt-Erst-Uraufführung seines „Traums“ präsentierte Grims Papier Theater am 28. Juni im Rahmen der Moabiter Kulturtage auf dem Elberfelder Kiez Fest – so genannt, weil das Staßenfest u. a. auf der Elberfelder Straße in Berlin stattfand. Ein paar Straßen weiter spielt ein anderers Papiertheater „Kalif Storch“.
Papiertheater und Kiez geht nicht zusammen? Geht doch zusammen: Sehn Se, det is Berlin …
Frits eröffnet die Premiere.
Szene aus „Ein Traum“
Szene aus „Ein Traum“
Maja und Frits Grimmelikhuizen vor dem Schülerladen auf dem Elberfelder Kiez, in dem sie ihr Papiertheater für die Premiere aufgeschlagen haben.
Das PapierTheater Nr.7 SEITE 3 Juli 2008
Papiertheater-Libretto
Graf Luna im Feldlager
Es ist schon eine
haarstrÄubende Story:
Graf Luna ist schwer verknallt in die wunderschöne Leonore, Leonore aber nicht in ihn, sondern in den Liedermacher Manrico. Da dieser auch ihr gewogen ist, bekommt er es mit dem Grafen zu tun, der ihn am Ende abmurkst. Erst Sekunden, bevor der letzte Vorhang runter rauscht, kriegt der Graf mit, was das Publikum längst dem Tratsch des gräflichen Wachpersonals und der Aussage einer zwielichtigen Wohnungslosen namens Azucena entnommen hat: Dass der liebenswerte Sänger des Grafen Bruder war. Azucena hatte vor 15 Jahren im Verlauf einer unersprießlichen Meinungsverschiedenheit wegen Hexerei den Sprössling des alten Grafen ins Feuer werfen wollen, versehentlich aber ihr eigenes Kind erwischt und den Überlebenden als eigenen Sohn ausgegeben. Der überraschenden Nachricht über seine adlige Herkunft kann Manrico sich indessen nur kurz erfreuen. Richtig dumm gelaufen ist die Sache für den Grafen, denn Leonore hat Gift genommen, und er geht als trotteliger Brudermörder in die Familiengeschichte ein.
Zu dieser RÄuberpistole
hat Giuseppe Verdi eine ebenso wunderbare wie unpassend fröhliche Musik geschrieben. Die deutsche Übersetzung gilt nicht als Glanzleistung, sagt sogar das Reclam-Textbuch im Vorwort. Deshalb bringen wir hier eine gefälligere Fassung, die auch den (unfreiwillig) komischen Szenen des Werks gerecht wird und – papiertheatergerecht – nur eine Dreiviertelstunde anstatt drei ganze Stunden dauert.
Zur Musikauswahl: Sie muss jeder selbst bestimmen, vor allem auch die Länge. Für öffentliche Aufführungen GEMA-Genehmigung einholen! Unsere Vorschläge in Rot.
Vedi le fosche … / Zigeunerchor angespielt
Der Theaterdirektor tritt neben oder vor die Bühne.
Mein hochverehrtes Publikum!
Zu lange war die Bühne stumm.
Doch woll’n wir jetzt nicht länger schweigen,
vielmehr, wie ihr’s gewohnt seid, zeigen,
wenn sich der rote Vorhang hebt,
wie sich’s dahinter liebt und lebt.
Das Stück, das wir euch heute bieten,
besitzt verschiedene Meriten:
Es geht um Rache, Hass, Amore
und heißt ganz schlicht „IL TROVATORE“,
deutsch übersetzt „DER TROUBADOUR“.
Es ist dramatischer Natur
und überwiegend italienisch.
Theaterdirektor geht hinter die Bühne. Vorhang öffnet sich, auf der Bühne großes Verdi-Porträt, davor erscheint jetzt der Theaterdirektor aus Pappe, danach die anderen vorgestellten Personen.
Die Librettisten kennt man wenig –
die Leute, die die Texte schreiben.
Nicht unerwähnt jedoch darf bleiben,
denn jeder trüg’ ihm gern die Schleppe,
der Signor VERDI, der GUISEPPE,
der mit Musik die Glut entfachte
und schon manch Aug’ zum Weinen brachte.
Er wird wie eh und je bewundert.
Zurück zum Stück: Um Fünfzehnhundert
herrschte in Spaniens rauem Norden
ein bitt’rer Krieg mit Tod und Morden.
Es geht um Aragoniens Krone –
wer im Palast des Königs wohne.
Zu der Zeit lebt in seinem Schloss
der Graf von Luna und sein Tross.
Wenn wir den Verdi- Vorhang heben,
könnt ihr den Grafen selbst erleben.
Vorhof des Palastes Aliaferia; Mond, Lagerfeuer und Laternengeben schwaches Licht.
Tace la notte! angespielt
Graf Luna tritt auf.
Graf Luna liebt mit Leidenschaft
und seines ganzen Herzens Kraft
die junge Gräfin Leonore. Ab.
Leonore tritt auf mit Inez.
Tacea la notte placida angespielt
Man sieht sie hier vor der Empore
mit Inez, ihrer eng Vertrauten.
Beide ab.
Alsdann: Manrico, wohl gebauten
Manrico tritt auf.
Mal reggendo all’aspro …
und starken Körpers. Troubadour.
Ab. Ihm gilt der Gräfin Liebesschwur;
seit er die Stimme ließ erschallen,
ist sie ihm ganz und gar verfallen.
Dann: Azucena als der Star
Azucena tritt auf.
Perigliarti ancor …
von reisender Zigeunerschar.
Noch fehlt Ferrando, ein Soldat,
der das Vertrau’n des Grafen hat.
Da kommt er schon mit seiner Truppe.
Ferrando tritt auf mit seiner Truppe.
Total ermüdet, diese Gruppe.
Die Wachsoldaten gruppieren sich um das
Lagerfeuer.
s’ist Nacht, man soll das Schloss bewachen –
wie kann man Wachen munter machen?
Ferrando trägt dem Kriegerkorps
die düstere Geschichte vor,
die auf dem Namen Luna liegt –
schon hat er jeden Schlaf besiegt.
CDK All’erta! Den Trommelwirbel immerzu wiederholen bis „LICHTWECHSEL“
Und hier, verehrtes Publikum, verlasse ich das Podium:
DER FANTASIE DIE BÜHNE FREI!
damit - doch halt: Zu nennen sei,
wer denn so herrlich spielt und singt,
dass es zu uns`rem Herzen dringt: (Je nach verwendeter Aufnahme!)
Sir Colin Davis, souverän
steht er am Pult, als Kapitän.
José Carreras (mit dem Chore)
Singt den Manrico. Leonore,
wie alle andern picobelli,
gibt wunderschön Frau Ricciarelli.
Sie, stellvertretend sei'n genannt.
Genug, ihr seid schon sehr gespannt
Noch eins: Der Übersetzung Kleid
besorgte meine Wenigkeit
Da viel im Finstern wird verbrochen
Wird all das von uns mitgesprochen,
was bei „Regieanweisung“ steht.
Ihr merkt dann gleich, worum sich’s dreht.
Ich hoffe, dass Ihr mich empfehlt (verbeugt sich)
Doch nun rasch fort. Erzählt, erzählt. Ab.
LICHTWECHSEL
Wachen:
Erzählt, erzählt. So hört doch.
Ferrando:
Glücklich lebte einst der alte
Graf von Luna hier im Schloss.
Er war Vater von zwei Söhnen:
unser und ein zweiter Spross.
Wachen:
Unser Graf hatte einen Bruder? Weiter, weiter.
Ferrando:
Ja. Und diesen kleinen Bruder
hat mit einem Zaubertext,
was sie mit dem Tod bezahlte,
’ne Zigeunerin behext,
Wachen: Ist nicht wahr!
Ferrando: büßte auf dem Scheiterhaufen
für die frevelhafte Tat.
Ihre Tochter Azucena
schwor wild Rache, rief Verrat!
Während noch das Feuer lodert,
greift die Tochter nach dem Kind,
wirft es blitzschnell in die Flammen – – –
Wachen: O Graus, o Graus
Sull’orlo dei tetti
Ferrando:
Doch man sagt, sie habe blind
ihren eignen Sohn gegriffen,
und so hält sich das Gerücht,
dass des Grafen Lunas Bruder
noch am Leben. Man weiß nicht,
wo er lebt. Und oft hat Luna
die Zigeunerin verflucht,
doch vergeblich hat bis heute
nach dem Bruder er gesucht.
Es schlägt Zwölf. Die Wachen laufen nach allen Seiten davon.
Wachen: O Grausen. O Graus.
Ferrando:
Lauft nicht weg. Hiergeblieben! Hiergeblie …
Ferrando Schulter zuckend ab.
DREHUNG DER BÜHNE ZUM GARTEN. Leonore und Inez.
Tacea la notte
Inez:
Was verweilt Ihr, meine Herrin,
seht doch, es ist dunkle Nacht.
Leonore:
Wieder eine von den Nächten,
die ich gern mit ihm verbracht. (seufzt)
Inez:
Wer ist "ihm", muss ich ihn kennen?
Diese Liebe bringt kein Glück.
Leonore:
Keinen Namen kann ich nennen,
finde nicht zu ihm zurück …
.....................................................
weiter siehe unten:
Der vollstÄndige Text – PDF zum Herunterladen und Ausdrucken
Achtung! Bei öffentlichen Aufführungen Urheberrechte für die vorgeschlagene Musik, evtl. auch für Bühnenbilder und Figurinen beachten. Siehe dazu Das PapierTheater Nr. 3 / September 2007
Graf Lunas Burg – entfremdet von Hamlets Schloss vom Meininger Theater (siehe Das Papiertheater Nr. 1/Januar 2007)
Zigeunerlager
Das PapierTheater Nr.7 SEITE 4 Juli 2008
Mitgliederversammlung
Seit dem 24. Mai 2008 hat der Verein Forum Papiertheater e.V. zwei neue Vorsitzende sowie einen neuen Vorstand. Die Mitgliederversammlung wählte in Hanau:
Terence Andrews zum 1. Vorsitzenden
Dorothea Reichelt zur 2. Vorsitzenden
Jens Schröder zum Beisitzer
Gaby John zur Schriftführerin (wieder)
Nina Michelmann zur Beisitzerin mit Verbindung zu Hanau (wieder)
Klaus Beelte zum Schatzmeister (wieder)
Der bisherige 1. Vorsitzende Christian Reuter, ebenso wie der bisherige 2. Vorsitzende Dr. Willers Amtrup und die Beisitzerin Erika Klein, die erklärt hatten, nicht wieder zu kandidieren, wurden mit Dank, Geschenken und schließlich nicht enden wollendem Applaus verabschiedet. Allein das rechtzeitige Überreichen von Blumen an Erika Klein bereitete Schwierigkeiten, weil ihr Amtsverzicht überraschend gekommen war. In seiner wie gewohnt launigen Laudatio erinnerte Klaus Beelte an die Erfolge des scheidenden Vorstandes, lobte das diplomatische Geschick und die Geduld bei schwierigen Auseinandersetzungen und machte den Neuen Mut.
Christian Reuter war 12 Jahre lang im Vorstand, davon 9 Jahre als 1. Vorsitzender. In dieser Zeit hat er den Verein geprägt, hat neben der Betreuung des Vereins zahlreiche Ausstellungen geschaffen, namentlich für das Papiertheatermuseum Hanau vier Symposien geleitet und die Idee des Papiertheaters in vielen Vorträgen und Veröffentlichungen gefördert; in seine Amtszeit fallen auch die Zeitschrift und die Zeitung sowie die Einrichtung der website. Während seiner Amtszeit stieg die Mitgliederzahl von 93 auf 125, also fast um ein Viertel.
Dr. Willers Amtrup, im Hauptberuf Richter und inzwischen pensioniert, wie er selber sich beschreibt: „Erblich belasteter Sammler aus Passion und Autor in den Publikationen des Papiertheatervereins, wurde vor 9 Jahren als Beisitzer mit beratender juristischer Funktion in den Vorstand gewählt, wurde bald darauf Schriftführer und war in den letzten 3 Jahren 2. Vorsitzender. “
Erika Klein, Schulrätin i.R., ist Gründungsmitglied des Vereins, und war nach eigenen Worten „bereits vor der Eröffnung des Papiertheatermuseums 1990 durch Helmut Wurz vom Papiertheatervirus infiziert“ und an der Umsetzung der Museumsidee beteiligt. Im Vorstand von 2005 bis 2008 und verantwortlich für die Koordinierung des Hanauer Papiertheaters und dessen Pressearbeit.
Zu dem neuen Vorstand sei angemerkt, dass seine Mehrheit sich trotz und neben ihrer Berufstätigkeit zu diesen Ämtern gemeldet hat. Die Neuen sind nun keineswegs unbeschriebene Papiertheaterblätter:
Terence Andrews, gebürtiger US-Amerikaner, lebt in Hanau und spielt dort Papiertheater.
Dorothea Reichelt ist Papiertheatersammlerin und ebenfalls -spielerin: „Meine Liebe zum Papiertheater wurde durch eine große Kiste geweckt, die ich bei einer Entrümpelungsaktion Mitte der 70iger Jahre bei Bekannten entdeckte. Wie die beliebten „Wundertüten“ meiner Kinderzeit barg diese „Wunderkiste“ eine tolle Überraschung für mich: Papiertheater stapelweise! Mein Entzücken war riesengroß.
Als Bibliothekarin hatte ich ja schon beruflich eine besondere Beziehung zu Papier – wenn auch in anderer Form - und mit meinen kunstgeschichtlichen Vorkenntnissen aus dem Studium übernahm ich die Rettungsaktion dieses Schatzes, und seitdem …
Meine Mitarbeit in unserem Museum veranlasste mich, Jahre später meine erste Ausstellung dieser Theater zum machen. Bei Recherchen über Papiertheater für diese Ausstellung stieß ich dann auf die Adresse des Papiertheatervereins. Seitdem ist meine Beschäftigung mit dem Papiertheater ständig gewachsen. Vor allem das Sammeln und die vielen netten Kontakte mit Gleichgesinnten aus dem Verein erhalten diese Liebe am Leben.
Mehre Ausstellungen in Deutschland folgten – außerdem fing ich an zu spielen, was ich aus Zeitgründen aber leider wieder aufgeben musste. Die Begeisterung hat allerdings meine beiden Mitspielerinnen angesteckt und Früchte getragen: Sie haben eine festeingerichtete Papiertheaterbühne gegründet und spielen seitdem mit selbst gemalten Theatern.“
Jens Schröder, 1961 in Bremen geboren, beschäftigt sich hauptberuflich mit „grossen“ Theatern; der Maschinenbauingenieur arbeitet in einem Unternehmen, das Opernhäuser und Theater europaweit mit bühnentechnischen Anlagen wie Prospektzügen, Versenkungen und Drehbühnen ausstattet. Da liegt es nahe, dass die schon in früher Jugend durch regelmäßige Theaterbesuche geweckte „Große Liebe zu großen Theatern“ auch die Röhlersche „Große Liebe zu kleinen Theatern“ nach sich zieht. Aus theoretischem Interesse wird durch das Erbe des Bodeschen Koffertheaters – eine Geschichte für sich – die aktive Beschäftigung mit dem Papiertheaterspiel, nun schon seit einigen Jahren gemeinsam mit Tochter Pauline..
Das PapierTheater Nr.7 SEITE 5 Juli 2008
Forum Papiertheater e.V.
Als im Vorstand des Vereins der Vorschlag gemacht wurde, das 10. Symposium des Vereins an der Wiege seines Entstehens, in Hanau im Schloss Philippsruhe zu begehen, war ich sofort dabei. Denn ein lang gehegter Wunsch von uns Hanauern war nun endlich auf den Weg gebracht: Die Vereinsmitglieder sollten nicht nur Papiertheater in Theorie und Praxis erleben, sie sollten Hanau mit seinen Kleinoden neben dem Papiertheatermuseum kennen lernen!
Jetzt so im Rückblick, stelle ich nach meiner Wahrnehmung und der Rückmeldung von Symposiumsteilnehmern und der lokalen Presse fest, dass dies gelungen ist: Das 10. Papiertheater-Symposium kann sich mit dem, was geboten wurde, sehen lassen! Dass es auf der „bel etage“ des Schlosses stattfand, gab der Veranstaltung auch das passende Ambiente! Ein überaus vielfältiges Programm auf einem dekorativen Flyer dargeboten, machte neugierig auf die Umsetzung.
Da gab es die Aufführungen von Frank Buttler „Der Münchner im Himmel“, von Ab Vissers „Die Zirkuskinder“, vom Privattheater Römer „Das gefährliche Leben des Carlo Goldoni“ oder von Bode`s Koffertheater “ Die Reise in 80 Tagen um die Welt“. Sie begeisterten mit ihrer Darstellungsvielfalt.
Dann waren es die interessanten Vorträge, die die Welt des Papiertheaters aus verschiedenen Blickwinkeln beleuchteten und die auch die Verbindung mit dem wirklichen Theater herstellten und so den Wissensstand in anschaulicher Darbietung erweiterten: Dieter Gring sprach über die Entwicklung und die derzeitige und zukünftige Konzeption der Hanauer Brüder-Grimm- Märchenfestspiele, dessen Festspielleiter er ist .
In Fortführung der Ausstellungseröffnung vom Vortag waren Christian Reuters Ausführungen über „Spieltheater in Zeitungen und Zeitschriften“ eine schöne Ergänzung.
Per Brink Abrahamsens „Dänische Bilder für dänische Kinder“ und Sabine Herder mit „Märchen im Papiertheater“ sowie Karin Neuwirth über „die „Wiener Papiertheatersammlung“ rundeten das Vortragskonzept gekonnt ab.
Im Mittelpunkt stand natürlich die neue Dauerausstellung „ZeitungsPapierTheater“, von Christian Reuter und Helmut Wurz zusammengestellt , und ihre Eröffnung durch Klaus Remer, den früheren Kulturdezernenten und derzeitigen Kulturbeauftragten der Stadt Hanau.
Zwischen den Programmpunkten gab es die Möglichkeit, mit Nina Michelmann, die den ganzen organisatorischen Ablauf in und außerhalb des Schlosses perfekt organisiert hatte, das Schloss mit ihr gemeinsam zu erkunden oder die Ausstellung „Des Märchens neue Kleider“ zu besuchen.
Der Besuch des Musicals „König Drosselbart“der Märchenfestspiele, wo die Umsetzung von Dieter Grings Vortrag live nachvollzogen werden konnte, hat großen Beifall gefunden.
Der „Wilhelmsbader Sonntag“, der allen die einzigartige Wilhelmsbader Kuranlage (die Burgruine, das Wilhelmsbader Karussell, das Komödienhaus, den englischen Park und das Hessische Puppenmuseum) durch sachkundige, launige Führungen nahebrachte, stellte den gelungenen Abschluss des Symposiums dar.
Die Mitgliederversammlung am Samstagvormittag verlief sehr konstruktiv und verspricht mit der reibungslosen Wahl des neuen Vorstands eine positive Entwicklung des Vereins „Forum Papiertheater“.
Auch das Miteinander der Vereinsmitglieder kam zu seinem Recht. In gemütlicher Runde konnte man sich am Donnerstagabend und am Samstagabend austauschen.
Und sogar der Wettergott war uns gewogen! Ist das nicht ein gutes Omen!?
Das PapierTheater Nr.7 SEITE 6 Juli 2008
Studium
Am Eingang der Mutheius Kunstschule
Aufführung:
Semesterarbeit Papiertheater
Freitag, 26. Juni, 19 Uhr
Muthesius Kunstschule Kiel
1. Studierende:
alle beteilgten Kommunikationsdesign-Papieranden:
Stephan Kamp, Monika Stosch, Marika Haustein, Johanna Günther, Jan Uhing, Cornelia Fränz, Julia Wenzel, Inga Jöhnk, Nicole Gebel, Max Hugo
alle beteilgten Interior-Design-Papieranden:
Christina Pörzgen, Gesine Gennrich, Izabela Guziewicz, Judith Seger, Katharina Schmans, Levke Albertsen, Marina Ganser, Nancy Grawunder, Nicole Gregoire, Laura Holzberg, Pia Skottke, Robin Maatz, Sarah Fabian, aSoo Bin Ahn, Sorika Kahrau
2. Lehrende:
Idee, Vorbereitung, Organisation und Betreuung:
Prof. Dr. Ludwig Fromm, Bereich Raumstrategien
Betreuung:
Prof. Manfred Schulz, Bereich Raumstrategien
Prof. Martin tom Dieck (Illustrator), Bereich Design
Dominique Goris (Musiker, Komponist), Lehrbeauftragter
Arne Rautenberg (Dichter), Lehrbeauftragter
„Die studentischen Arbeiten wurden mit einem Seminar eröffnet, indem ich über die Geschichte des Papiertheaters referiert habe, aktuelle Beispiele vorstellte und über Ihre Aktivitäten (Festival in Preetz) berichtete. Angestrebt war eine reflektierende Auseinandersetzung mit dem Format Papiertheater, um Grenzen zu sehen und überschreiten zu können. Medien, Sound, Licht sollten integriert werden.“ (Prof. Dr. Ludwig Fromm)
Als die Besucher die Veranstaltung verließen, steckte ihnen sogar Papier in den Haaren: In den Schlußapplaus hinein hatten Mitspieler vom Balkon kübelweise Papierschnipsel geschüttet.
Am strahlenden Sommerabend des 26. Juni präsentierten Studenten der Muthesius Kunsthochschule Kiel ihre Semesterarbeit: fünf Papiertheaterstücke. Der abgedunkelte, hohe Raum war mit etwa 120 Zuschauern brechend voll besetzt. Es war die zweite und letzte Vorstellung, Dauer mit Pause: anderthalb Stunden.
Die Studenten hatten die Vorgabe, Papier nicht nur als Material zu verwenden, sondern auch als Thema im Stück zu variieren. So war ein geistreiches, witziges Spiel zu erleben, in dem immer wieder die Papierfiguren sich selbst, die Spielerinnen und Spieler ihr Spiel reflektierten; bei der sprachlichen Erarbeitung waren sie professionell begleitet worden vom Kieler Schriftsteller Arne Rautenberg.
Buchstaben bewegten sich an über die Bühne gespannten Schnüren, ganze aus Pappe gestanzte Sätze entrollten sich, wanderten, flogen durch vom Beamer erzeugten Lichterregen. Dabei blieben bis auf einfache Bemalungen mit schwarzem Stift Papierfiguren und -kulissen streng in ihrem Materialcharkter erhalten. Manchmal tauchten klassische Papierthaterfiguren als Zitat auf, wurden zerschnitten, zerknüllt, zerrissen.
Auch die von Dominique Goris gespielte Musik trug zur beeindruckenden Gesamtwirkung bei.
In den kleinen Umbaupausen wurde eine Papierbahn vor der Bühne ausgerollt, auf die Episoden einer auch größtenteils mit Papierfiguren agierenden Animation um „Elvis“ projiziert wurden.
Einmal herrscht dieser seinen aus einer Klopapier-Papprolle bestehenden Assistenten an: „Hol' paar Bier, du Pappnase!“ „Paar Bier?? Papier?“
(rs)
„Elvis” auf YouTube
Zwischen den Kulissen 1
Zwischen den Kulissen 2
making of
Im hinteren Teil des Raumes sind Papierbahnen von Wand zu Wand gespand, in der Mitte der Bühnenausschnitt.
Für Bühnenbild und Beleuchtung ist ein Beamer aufgestellt.
Projektions-Test.
Wie Saiten eines Instruments werden Schnüre gespannt, an denen nach und nach mit kleinen Plastikklammern Ziffern, Buchsstaben, Worte …
… und Figuren befestigt und in ständigem Fluss durch den Bühnenraum gezogen werden, begleitet von Gedanken über Leben und Papier vom Band und live gespielter Klaviermusik.
Nach und nach tauchen bekannte Papiertheater-Figuren auf, links oben der Kopf des Kleinen Prinzen - sein Rumpf vor den Augen der Zuschauer mit einer Schere abgetrennt.
Das Tempo steigert sich …
… Chaos bricht aus …
… und am Ende wieder Ruhe.
Projektion zur Umbaupause.
Eine Geschichte über Liebe im Computerzeitalter: sie kann ihn nicht vom Bildschirm weglocken.
Gedanken und Chat-Dialoge projiziert auf großen, klaren Formen.
Einsamkeit …
… auch in der Menge, wenn der Geliebte fern ist.
Motive griechischer Mythologie in Papier – ausgeschnitten, gefaltet, bemalt, geklebt.
Nymphe Echo, Narziss, Pan …
… und immer wieder schippert ein Boot durch den Raum.
Worte vom Erzähler gesprochen und auf Papier …
… und als Lettern-Band über die Bühne wandernd.
Figuren von Hand geführt: Naziss am Wasser.
Klassisches Scheinwerferlicht vom Balkon.
Die große Pause …
… wird angekündigt.
Bilick hinter die Bühne.
Studentinnen reichen Papiereis.
Seeungeheuer in Parkposition.
Zeichnungen, auf Pappkopf projiziert …
… „gen“ rechts im Anmarsch …
… Kopf in Drehung …
… Bilder waagerecht, senkrecht, auf dem Kopf.
Aus den Lautsprechern ertönen im Orginal-Wortlaut Gesetzestexte zum Urheberschutz für Kunstwerke …
… Lettern und andere Formen vollführen einen Begleittanz in steigender Intensität …
zunehmend lässt der Sprecher Buchstaben aus … absurd verstümmelte Sätze …
… gegen ein suggestives Form- und Bewegungsmuster, in magisches Licht getaucht.
In den Beifall regnet es Papier.
Die über 20 Mitwirkenden stellen sich auf, im weißen Hemd unterhalb der Treppe Prof. Dr. Ludwig Fromm.
Papier ohne Ende.
Nicht nur die Darsteller sind aus Papier.
Die Party ist vorbei.
Im Innenhof begegnen dem Besucher Zitate und Figuren.