Editorial
Liebe Leserinnen und Leser,
pünktlich zum 1. April wird die eigentlich für März geplante
Webzeitung Nr. 26 online gestellt.
Dass dies kein Aprilscherz ist, sieht man alleine schon aus der
umfangreichen Ausgabe mit 6 Beiträgen.
Im Januar berichtete der NDR in der Sendereihe „Mikado“ über das
Papiertheater, nun dürfen wir über diesen Bericht berichten.
Unsere Serie „Wie ich zum Papiertheater kam“ wird mit dem
Artikel von Ingeburg Severinfortgesetzt. Über Papiertheater für Kinder
und mit Kindern können wir wieder neues fortsetzen: Ulrich Chmel spielt
im Kino, ein Schulbuchverlag regt zu Wilhelm Tell an.
Hans Ahrens erinnert an die im Jahr 2013 und 2014 anstehenden Jubiläen
und Christian Reuter hat im Internet drei alte Kataloge des
Schreiber-Verlags entdeckt.
Viel Vergnügen bei der Lektüre!
(mf)
INHALT – Nr. 26 – April 2012
Papiertheater im
Radio
von - ch
Seite 2
Papiertheater Severinus -Wie alles
anfing
von Ingeburg Severin
Seite 3
Wie plant man einen Bestseller? - Wilhelm Tell
auf dem Papiertheater
von
Uwe Warrach Seite 4
Papiertheater im Kino
Die Begegnung zweier Jahrhunderte - eine spannende Geschichte
von Ulrich Chmel Seite
5
Rechtzeitiges Einstudieren sichert dankbares
Publikum!
Theaterdonner und -stürme ziehen auf...!
Terminwarnung für 2013 und 2014!
von
- ch Seite 6
Drei Kataloge des Schreiber-Verlags
gefunden von Christian Reuter Seite 7
Vorschau Seite 8
alle Ausgaben
Das PapierTheater Nr.26
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April 2012
Papiertheater in den Medien
Papiertheater im Radio
- ch
Am 29. Januar dieses Jahres um 08.05 Uhr hieß es im
Norddeutschen Rundfunk bei NDR-Info: „Vorhang auf fürs Papiertheater“,
speziell an Kinder gewandt, in der Sendereihe „Mikado“. Im Mittelpunkt
standen Gerlinde Holland und ihr Enkel Willem Klemmer, die schon
gemeinsam zwei Aufführungen in Preetz mit großem Erfolg bestritten
haben (siehe DAS PAPIERTHEATER Nrn. 18 und 24, Printausgaben 8 und 10).
Die älteren Papiertheaterhasen kennen
noch den 2002 verstorbenen Papiertheaterspieler und Rundfunksprecher
Heinz Holland, und es mag wie eine Staffelübergabe erscheinen, dass im
selben Jahr Willem geboren wurde, der seinem Großvater nacheifert und
seiner Großmutter wieder einen Spielpartner gegeben hat.ls Wilhelm,
mein Mann, 1987
pensioniert wurde, tauchte die Frage auf: Womit beschäftigt sich ein
Rentner?
Die
NDR-Redakteurin Jessica Schlage hatte sich beim Preetzer
Papiertheatertreffen
im September vorigen Jahres gründlich umgetan, viele Aufführungen
angesehen und
Gespräche geführt. In ihrer Sendung, die immerhin fast eine Stunde lang
dauert,
hört man, wie sehr sie sich mit unserem Medium vertraut gemacht hat, um
es
sachkundig weiter zu geben. Das geschieht, indem gemeinsam, also vom
Funkhaus
zu den Kinderzimmern, ein Papiertheater aus einem Schuhkarton gebastelt
wird,
mit präzisen Erklärungen und angemessenen Pausen, um die Bastelsachen
zusammen zu
suchen und das Theater zu bauen. Aufgelockert und gefüllt werden diese
Unterbrechungen mit kleinen Geschichten und Musik. Aber es ist eben
auch
richtig Arbeit, ohne dass man abgeschreckt werden könnte, mitzumachen.
Wer
schon mit Bedienungsanleitungen hantiert hat, weiß, wie mühsam und
wenig
anschaulich der Weg von der Theorie auf dem Papier (hier vom
Lautsprecher) zur
Praxis in der Hand oft ist. Und das für unsere Bild und Film gewohnte
Zeit.
Man
wünscht sich, dass diese Sendereihe neben der erdrückenden Konkurrenz
aus
zahllosen Fernsehsendungen, namentlich am frühen Sonntagmorgen, viele
aufmerksame Hörerinnen und Hörer findet. Es ist übrigens derselbe
Sender, der
mir mit seinem allabendlichen „Ohrenbär, eine Sendung für kleine Leute“
um
19.50 Uhr aufgefallen ist.
Wer
einen Teil der Papiertheater-Sendung hören möchte und eine
Internetverbindung
hat, kann dies unter
www.ndr.de/info/programm/kinder/m...5.hmtl
tun.
Das PapierTheater Nr.26
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April 2012
Serie „Wie ich zum Papiertheater kam“ - Folge 2
Papiertheater Severinus
- Wie alles anfing
von Ingeburg Severin
Ingeburg Severin
Die Eheleute Inge und Wilhelm Severin entdeckten 1989
beim 2. Papiertheater- treffen in ihrer Heimatstadt Preetz die Liebe
zur kleinen Bühne und spielten von 1991 an dort selber jedes Jahr mit.
Ihre zehn Inszenierungen trugen sie aber auch nach Hanau, Stuttgart,
Kopenhagen, Aarhus, Odense und Frankreich. Krankheit und Tod Wilhelm
Severins beendeten die gemeinsame Leidenschaft.
Als Wilhelm, mein Mann, 1987
pensioniert wurde, tauchte die Frage auf: Womit beschäftigt sich ein
Rentner?
Durch Zufall sah ich damals eine
Papiertheatervorstellung in Preetz in der Volkshochschule.
Klaus Beelte spielte das Märchen
„Hänsel und Gretel“ traditionell und mit einer „Vertonung“ für
Hörgeschädigte. Ich ließ mich verzaubern. Beim Herausgehen sprach
mich Herr Bubert , der Leiter der Volkshochschule, an und sagte: „ Das
können sie doch auch!“ So wurde die Idee zum Spielen und
Gestalten von Papiertheater geboren.
Wir entschieden uns für das
Stück „Peter und der Wolf“. Die Text- und Musikgrundlage für
dieses erste Stück war eine Plattenaufnahme mit dem
Sprecher Mathias Wiemann und der Musik von Sergie
Prokofieff. Und so gingen wir ans Werk.
Wilhelm baute aus Sperrholz ein kleines Theater und ich zeichnete die
Figuren und Kulissen. Die Figuren wurden mit Drähten versehen und
von oben geführt, sie konnten sich nicht drehen und waren völlig starr
– alles war sehr einfach und klar.
Ich
erinnere mich noch sehr gut an eine Szene, die uns ziemliche Probleme
gemacht hat. Der Wolf sollte mit einem Seil, das Peter, der auf einem
Baum saß, herabfallen ließ und sich direkt um den Kopf des Wolfs legen
sollte, gefangen genommen werden. Aber wie konnte das
technisch mit einer starren Papierfigur umgesetzt
werden? Mit einem Trick: Wilhelm brachte auf der Rückseite von Peter
eine kleine Öse an, durch die er das Band nach oben führte
. Am unteren Ende des Bandes befand sich eine Schlinge. Als nun
der böse Wolf unter dem Baum erschien, wurde von oben (für die
Zuschauer unsichtbar) das Band am Rücken von Peter herabgelassen, dabei
musste die Schlinge genau den Kopf des Wolfs treffen und sich um
seinen Hals legen. So konnte er nicht mehr entkommen. Wir waren
immer heilfroh, wenn es klappte.
Zuerst luden wir unsere Freunde
ein, um sich das Stück anzusehen. Später trauten wir uns an die
Öffentlichkeit und wurden Teilnehmer beim jährlichen
Papiertheatertreffen in Preetz. Es gab viele Aufführungen und wir
hatten Konkurrenz.
Das Interesse und die Hingabe waren
geweckt und wir inszenierten in den folgenden Jahren zehn weitere
Stücke. Wir spielten in Deutschland, Dänemark und Frankreich.
Ich bin noch immer von der Machart
unseres ersten Stückes überzeugt ohne komplizierte Technik und ohne
großen Aufwand aber mit einem kleinen technischen Trick. „Peter
und der Wolf“ ist immer noch mein Lieblingsstück.
Ingeburg Severin
Das PapierTheater Nr.26
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April 2012
Papiertheater in der Schule
Wie plant man einen Bestseller?
- Wilhelm Tell auf dem Papiertheater
von Uwe Warrach
Figurenbogen Wilhelm Tell (Schreiber-verlag)
Wir haben in letzter Zeit ein paar Mal über
Papiertheaterarbeit mit Kindern berichtet.
Nun freuen wir uns, das „Friedrich Schiller- Wilhelm Tell -Arbeitsheft“
für Schulen vorstellen zu können, das sich mit der Dramaturgie und mit
Inszenierungsfragen beschäftigt und Vorschläge für eine
Papiertheateraufführung bringt. Es ist erschienen im Verlag Westermann
Schroedel Diesterweg, Braunschweig (www.schroedel.de), ISBN
978-3-507-47828-2, Preis: 4,95 €.
Ja, das möchte man gerne wissen, wie
man einen Bestseller hinkriegt, aber neu ist das Thema nicht. Erst
waren sie einander ja nicht grün: „Dieser Mensch, dieser Göthe, ist mir
einmal im Wege (...), wie leicht ward sein Genie von seinem Schicksal
getragen, und wie muss ich bis auf diese Minute noch kämpfen!“ klagte
Schiller. Und der zehn Jahre ältere Dichter sah wohl in ihm einen
aufsteigenden Konkurrenten. Doch dann kamen sie einander näher und
wurden Freunde. Da setzt unser Schulbuch ein, denn die Idee zu
„Wilhelm Tell“ hatte Goethe aufgegriffen und Schiller angedient, wohl
in dem sicheren Gespür, dass dem das Revolutionäre und Pathetische mehr
lag als ihm.
Angenommen,
Schiller und Goethe hätten (wieder einmal) eine Publikation
planen wollen, die für Aufsehen sorgt – wie hätten sie dieses Vorhaben
vor dem Hintergrund der Aussagen der Dokumente taktisch unterstützen
können? fragt das Arbeitsheft für Schulen. Wie baut man die
Geschichte so auf, dass sie spannend ist, wie ändert und verbessert man
die Reihenfolge der Szenen? Das alles ist ja nun für jede
Theateraufführung interessant, auch für die auf der Papiertheaterbühne.
Vorweg muss man sich kundig machen mit
Quellenstudium und Quellennutzung,
Fragen beantworten wie: Ist Wilhelm Tell ein Verschwörer? Ist die
Apfelschussszene verbürgt?
Nächster Schritt:
Ein Szenarium entwickeln – ein wichtiges
Hilfsmittel.
Es wird untersucht, wo die
Unterschiede eines Schauspieltextes und einer Erzählung liegen. Und –
schließlich handelt es sich um einen Aufstand gegen einen
absolutistischen Gewaltherrscher – geht es um politische Haltungen der
handelnden Personen. Ganz wichtig dann: Der Rütlischwur, die
eigentliche Verschwörung gegen den Landvogt. Der Text wird anhand einer
Analyse von Gustav Freytag nachgeprüft. Von Freytag folgt noch ein
Beitrag über die Technik des Dramas und ihre Anwendung auf Wilhelm Tell.
Dann natürlich die Apfelschussszene.
Da geht es zum einen um die inhaltliche Seite, wie es dazu kam und wie
sich die Personen dazu stellen, aber auch um die heikle technische
Machbarkeit auf der Bühne. Hier liegt der Schritt vom Erhabenen zum
Lächerlichen besonders nah.
Dem folgt das Thema Tod des Tyrannen und beleuchtet
auch neuzeitliche Beispiele: Mussolini und Saddam Hussein. Die
Problematik: Widerstand gegen die
Staatsgewalt. Und es werden Dialoge untersucht: Antilabe – Stichomythie – Dialog – Monolog.
Was ist das denn? Dialog und Monolog kennen wir natürlich, aber die
ersten beiden Begriffe? Die kennt nicht mal Word’s Thesaurus, der sonst
so schlaue. Antilabe ist
Widerhall, die Verteilung eines Sprechverses auf verschiedene Figuren. Stichomythie ist Reihenrede,
Figurenreden wechseln von Vers zu Vers. Ein weiterer
Untersuchungsgegenstand ist Mann und
Frau im Dialog.
Wir lernen Szenen vorspielen, Dialoge
entwickeln, Interpretationen und erhalten, nun kommt’s: Vorschläge für eine Papiertheateraufführung
anhand der gewonnenen Erkenntnisse und der Bearbeitung des „Wilhelm
Tell“ fürs „Kindertheater“, erschienen um 1900 im Esslinger
Schreiber-Verlag. Dazu gehören die Illustrationen, für die der Verlag
Schroedel dem Verein Forum Papiertheater gedankt hat (S. 28,29,31).
Sie
sind auch erhältlich auf der „Daten CD: Alle Schreiber-Hefte“ bei
Christian Reuter, Kellermanns Busch 25, 45134 Essen, Tel/Fax
0201–471835 (siehe auch www.papiertheater.eu, Angebote/Suche).
Das PapierTheater Nr.26
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April 2012
Kinder-Workshop
Papiertheater im Kino
Die Begegnung zweier Jahrhunderte - eine spannende Geschichte
von Ulrich Chmel
Unwillkürlich denkt man bei dem Namen des modernen
Programmkinos auf dem Rathausplatz in der Landeshauptstadt
Niederösterreichs, St.Pölten, CINEMA PARADISO, an den gleichnamigen
italienischen Filmklassiker von Giuseppe Tornatore aus den späten 80er
Jahren des vergangenen Jahrhunderts. Dabei fällt einem die Geschichte
des kleinen Buben ein, der in heimlicher Weise bei den Vorführungen der
alten Streifen dabei war und dessen Kindheit wir in berührenden
Rückblenden miterleben dürfen.
Wer also diesen Film kennt,
kann etwa nachvollziehen, in welcher Weise ich berührt war, eine
Einladung zu erhalten, in einem der drei Säle dieses Kino des 21.
Jahrhunderts, mit meinem Papiertheater auftreten zu dürfen um meinen
FROSCHKÖNIG zu zeigen.
Das „Kino des 19. Jahrhunderts“ tritt
im Kino des 21. Jahrhunderts auf. Ein wirklich toller Spannungsbogen,
den man wahrscheinlich nicht so oft erleben kann. Zweierlei ist dabei
bemerkenswert: Erstens, daß der Kinobetreiber keine Berührungsängste
vor dem alten und romantischen Medium Papiertheater hat und zweitens,
daß viele Menschen, junge und alte, diese Herausforderung angenommen
haben um in einen 30 x 40 cm kleinen Bühnenausschnitt den „Blockbuster
aus dem Jahre 1812“, den FROSCHKÖNIG zu erleben.
Ja, das kommt noch dazu, FROSCHKÖNIG
im Jänner 2012 aufzuführen! 200 Jahre nach dem Erscheinen des ersten
Bandes der „Kinder- und Hausmärchen der Gebrüder“ Grimm, in welchem mit
der Nummer 1 dieses Märchen den Reigen der Sammlung eröffnet. Noch
immer fasziniert die Geschichte der jungen Prinzessin, die durch die
Mitwirkung des verzauberten Prinzen, die Verwandlung vom Mädchen zur
jungen Frau erfährt und durch die dabei zu bestehenden Prüfungen den
Zauber um diesen Frosch löst und dadurch aber auch den erlösten Prinzen
zum Manne erhält.
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April 2012
Vorschau
Rechtzeitiges Einstudieren sichert dankbares Publikum!
Theaterdonner und -stürme ziehen auf...!
Terminwarnung für 2013 und 2014!
- ch
Aus der Inszenierung „Der Sturm“ von Hans
Ahrens, 2011
2014 feiern wir Shakespeares 450. Geburtstag. Das ist
noch ein bisschen hin, aber wenn man wie ich ein bis zwei Jahre für
seine Inszenierung braucht, reicht das grade für Preetz 2014.
Shakespeare ist auf dem deutschen
Papiertheater recht selten zu sehen. Warum? Wegen des Streits um die
Originalbühne? Um die Inszenierungsweisen? Gar um Shakespeares
Existenz? In England soll das ganz anders sein. Passen Shakespeares
Dramen nicht auf unsere Papiertheater? Sommernachtstraum, Romeo und
Julia, Othello, Kiss me Kate, Der Sturm, Macbeth, Hamlet, König Lear,
Das Wintermärchen- alles nix?
Dabei ließe er sich auch
musikalisch verarbeiten: Etliches von Shakespeare ist als Oper zu
haben, unter anderem von einem gewissen Giuseppe Verdi, der 1813
Geburtstag feiert und außer Shakespeare noch mehr auf Lager hat: Der
Troubadour, Rigoletto, I Masnadieri (Die Räuber). Allein diese Musik
kann jede Aufführung aufmöbeln, unter Umständen sogar retten.
Aber nicht nur Shakespeare und Verdi - noch jemand von Bühne und Musik
hat Jubiläum: 1813 wurde Richard Wagner geboren: Der fliegende
Holländer, Der Ring, Tristan bieten sich auch fürs Papiertheater an.
Wotan und Brünnhilde vor Wagners Villa
Wahnfried – aus meinem nicht
ganz ernst
gemeintem „Ring:“ „Götter, Drachen und Germanen“, 2009
Das PapierTheater Nr.26
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April 2012
Entdeckungen
Drei Kataloge des Schreiber-Verlags
gefunden von Christian Reuter
Auf der Internetseite des Vereins Kartonmodellbau e.
V. sind einige ältere Kataloge des J. Schreiber-Verlags, Esslingen,
zugänglich.
Das Papiertheater ist in drei der Kataloge von etwa 1900, von 1915/16
und von 1925 zu finden. Die vielen späteren enthalten vor allem den
Kartonmodellbau und keine Hinweise mehr auf das Papiertheater..
Verzeichnis über Bogen-Artikel (um 1900)
Im Katalog aus der Zeit um1900 findet
man auf der Seite 8 das Theaterbild der Titelblätter der Texthefte
(Bild 1) und auf Seite 9 die Elm’sche Proszeniumskonstruktion sowie den
Bühnenaufbau von hinten (Bild 2).
Bild 1
Bild 2
Angeboten
werden das „Größte Proszenium mit Musikkapelle“ (Nr. 300) und die
Vorhänge c, d, e und f im großen bzw. 403, 403a und 403b im kleinen.
Format. Auch das große Proszenium a/b ist in der Liste. Das kleine
Proszenium 400ab wird auf zwei Bogen angeboten, verwunderlich, denn mir
ist es nur als ein (unteilbarer) Bogen von 71*41 cm bekannt. Gibt es da
ver45schiedene Ausgaben? Dann kommt die Liste der Theaterdekorationen
bis zur Nummer 120 (Polarlandschaft) im großen und bis zur Nummer 498
(Indischer Palast) im kleinen Format.
Bis zur Nummer 62 sind die Bogen noch
häufig aus der alten Serie, aber auch schon aus der neuen. Bei vielen
ist wegen der gleichen Nummerierung der Unterschied nicht zu erkennen.
Aus
der neuen Serie des großen Formats sind der Wald, die Wirtsstube und
die Winterlandschaft, aus der alten die Ritterburg, die Meeresküste der
Kerker, das Heidelberger Schloß und das Innere eines Burghofes
eindeutig zuzuordnen. Etliche Motive der alten Ausgabe fehlen: so
Feenpalast, Gebirgsdorf, Säulenhalle, und Maurisches Zimmer. Die
Ausgabe erkennt man an eindeutigen Nummern bzw. an den in der neuen
Serie fehlenden Titeln oder an den in der neuen Serie zusätzlichen
Zwischenkulissen.
Ähnlich werden die Serien auch beim
kleinen Format gemischt: Wald, Kerker, Ritterburg und Heidelberger
Schloß sind aus der alten Serie, die Wirtsstube aus der neuen und auch
hier sind alte Dekorationen weggefallen. Bei den meisten Dekorationen
sind auch hier wegen gleicher Nummern keine Aussagen zur Serie zu
treffen.
Auf der Seite 12 und 13 werden die
Figurenbogen bis zur Nummer 552 und die Texthefte bis zur Nummer 45
(Rosa von Tannenburg) aufgelistet, die nach Pflüger/Herbst 1899
erschienen sind.
Verlags-Verzeichnis aus dem Jahre
1915/16
Im „Verlags-Verzeichnis“ aus
dem Jahre 1915/16 wird auf der Seite 113 „Schreibers zerlegbares
Kindertheater“ mit einem Bild des großen Proszeniums a/b der neuen
Serie für 10 Mk. gezeigt. Ein fertiges Theater ist bei Pflüger/Herbst
kurz erwähnt, aber es dürfte kaum bekannt sein. Es wird also ein
bespielbar fertiges Theater mit Bodenkasten, Versenkung,
Kulissenständern, Soffittenhängern, und Figurenführern angeboten. Die
Walddekoration und ein Vorhang samt Rahmengardine gehören auch dazu.
„Alle Teile sind fertig zum Gebrauch und können von jedem Kind in
wenigen Augenblicken zusammengesetzt werden“.
Bild 3
Das bedeutet: Schreiber hätte
das Proszenium a/b in zwei Größen herausgegeben.
Wem ist das bekannt?
Die Maße stehen auch dabei;
63 cm Breite, 64 cm Höhe und Tiefe 41 cm.
Der Bühnenausschnitt wird mit 33,5 x 27 cm angegeben.
und
„Zur Verwendung eignen sich hauptsächlich Schreibers kleine
Theaterdekorationen.“
Das Bild 3 zeigt eindeutig das Proszenium a/b von 1887 für die großen
Dekorationen!
Also sehen wir uns den
Originalbogen
an. Der erscheint z. B. mit Bild im „Verzeichnis über
Bogen-Artikel
von 1925“ auf Seite 19 (Bild 4).
Auch hier sind die Maße angegeben, und sie stimmen mit allen Proszenien
a/b und ihren Bogen überein, deren ich habhaft werden konnte:
68 cm Breite, 64 cm Höhe mit einer Bühnenöffnung von 38 x 32 cm.
Bild 4
Es reizte mich, die Bühnenmaße und die
unbekannte Kastengröße eines verkleinerten Proszeniums aus den Angaben
zu berechnen. Eine lineare Verkleinerung des Proszeniums war damals
drucktechnisch schon einfach möglich. Es müssten also zwei Größen a/b
existieren.
Wie sich herausstellte, eine falsche Vermutung und eine unnötige
Arbeit. Das Bild des a/b-Proszeniums im Katalog passt absolut nicht zum
Angebot.
Volker Schulin schickte das Foto von
der Rückseite eines Vorhangs, das er vor einiger Zeit im
Württembergischen Staatsmuseum Foto gemacht hat. Dort waren Bilder aus
dem Beschreibungsblatt des „Zerlegbaren Theaters“ aufgeklebt (Bild 5).
Hier klärt sich die Angabe der Theatermaße im Katalog , denn sie
beziehen sich eindeutig auf das im Foto gezeigte Rokokoproszenium. Das
Proszenium a/b ist also ein falsches verwirrendes Werbebild.
Bild 5
Das
Proszenium 400a/b ist a priori für die kleinen Dekorationen gedacht und
die Theatergröße berücksichtigt die Höhe des untergesetzten Kastens,
der mit dem 10 cm breiten Streifen (aus einem zweiten gleichen
Proszeniumsbogen) des oberen Bühnenrandes beklebt ist.
Es bleibt also die Frage:
Wer hat oder kennt dieses originale
Schreibertheater mit Kasten aus der Zeit von 1915?
Die Liste der Stücke zeigt nur 55 der
69 Titel. Aber diese werden als Textbuch und den nötigen (spielfertig
ausgeschnittenen!) Figuren in einer Schachtel für 1,50 Mk angeboten,
Die Stücke mit zwei Figurenbogen sowie auch Don Quichotte mit der
großen Windmühle gibt es für 3 Mk. Die Figuren des Theaters meiner
Kindheit waren für jedes Stück in einer Faltschachtel untergebracht.
Über diese Schachteln habe ich bisher nichts in der
Papiertheaterliteratur gefunden habe und auch keinerlei Bauanleitung
dazu. Allerdings waren genau solche Schachteln bei dem
Schreiber-Theater, das ich zu Beginn meiner Sammeltätigkeit in
Österreich erworben habe. Die Bilder 6 und 7 zeigen diese
Figurenschachteln. Vielleicht sind es die von Schreiber gelieferten.
Wer kennt sie? Man bekam aber auch die Theatertexthefte mit den
unausgeschnittenen Figurenbogen für nur 40 Pfg.
Lenkdrähte
kosteten -.20 Mk.
Können das jene mit dem ovalen Bleifuß mit der aufgesetzten Blechrille
hielt,
gewesen sein, wie ich sie von meinem Kindertheater mit dem Proszenium
300
kannte? Eine Schachtel mit 25 Figurenständern (ohne Führungsdraht) gab
es für
-.50 Mk.
Die
Dekorationen der kleinen
Serie werden für das Zerlegbare Theater unter der Überschrift
„Schauplätze“
jeweils aus Hintergrund und Seitenkulissen bestehend in Mappen für 1 Mk
– alles
fertig zum Gebrauch - angeboten. Als Ergänzung findet man auch eine
Mappe mit 4
Soffittenbogen für -.65 Mk. Es fehlen allerdings Hinweise auf die
Verschiedenen
Theaterfiguren und auf die Bogen der Versetzstücke. Da das
Gesamtangebot auf
den letzten beiden Seiten des Katalogs steht, fehlte vielleicht nur der
Platz
für diesen Hinweis.
Bild 6
Bild 7
Verzeichnis über Bogen-Artikel
1925
Der Katalog des Jahres 1925 enthält
auf den Seiten 17 bis 35 ein unwahrscheinlich breites Angebot von
Schreibers Kindertheater: Bogen, Texthefte und etliche
Sonderzusammenstellungen, allerdings kein fertiges Theater mehr.
Die sechs Proszenien der neuen Serie
sind mit den Größenabgaben hervorragend abgebildet. Eickemeyers Buch
„Das Kindertheater“ wird auf einer halben Seite beschrieben.
Unerwartet ist das Angebot „Vorlagen
zur Theater-Dekorationsmalerei“. Es handelt sich um neun Mappen mit je
12 farbigen Vorlagen von Th. Guggenberger in der Größe 43 x 54 cm. Sie
enthalten Zusammenstellungen originaler kolorierter Papiertheaterbogen
des großen Formats und nicht, wie man bei dem Titel denken könnte,
schwarz-weiße Vorzeichnungen und/oder farbige Kleinbilder. Den
Inhaltslisten ist zu entnehmen, dass die Bogen keinesfalls stückbezogen
auf die Mappen verteilt sind, wie Pflüger/Herbst vermutete.
Weiter wird eine „Große Theatermappe“
angeboten. Sie umfasst das Nötige zur Anfertigung eines Kindertheaters;
„die Eickemeyer- Bauanleitung, großes Proszenium, Leinwand- Vorhang, 2
Bogen Soffitten, 2 Bogen Versetzstücke sowie Kulissen und Hintergrund
für 8 Verwandlungen“. Vielleicht bezieht sich die
Pflüger/Herbst-Vermutung der Stückbezogenheit auf diese Theatermappen.
Es ist im Katalog aber nichts über die Auswahl der in dieser Mappe
angebotenen Dekorationen gesagt.
Weiter sind drei der acht angebotenen
großen und kleinen Vorhänge abgebildet, wovon vier auch auf Leinwand zu
haben sind.
Die vollständigen Listen der großen
und der kleinen Theater-Dekorationen bringen inzwischen ausschließlich
die neue Serie. Sie werden auch in Mappen zu je 100 verschiedenen Bogen
angeboten, die mit der großen Dekorationen Heft Nr. 30 mit
Hintergründen und Kulissen bzw. Heft Nr. 30a mit Hintergründen,
Kulissen, Soffitten und Versatzstücken heißen. Mit Bogen der kleinen
Serie heißen die Mappen Heft Nr. 20 und 20a. Die Figurenbogen gibt es
im Heft Nr. 21 mit 100 gemischten nur farbigen Bogen. Wie die Bogen in
diesen Heften zusammengestellt waren, müsste erkundet werden; waren sie
vorgegeben oder auswählbar.
In der anschließenden Liste der
Theaterfiguren und der Texthefte fehlen allerdings etliche. Sie werden
in der zusätzlichen ausführlichen Liste der Theaterstücke mit den der
Angabe der jeweils nötigen Dekorationsbogen, wie sie in den Innentiteln
der jeweiligen Texthefte zu finden sind, als vergriffen bezeichnet.
Vergriffen sind 1925 die folgenden
Stücke:
Heft Figurenbogen Stück
12 514 Prinzessin Tausendschön
20 521 Der Verschwender
24 525 Oberon und die Elfen
26 527 Zar und Zimmermann
28 530 Genovefa
30 532 Iwein, der Ritter mit dem
Löwen
47 554 Das Käthchen von Heilbronn
48 561 Der Waffenschmied von Worms
So erlaubt die Arbeit vieler in und
über das Internet und dessen Nutzung bestätigende aber auch neue
Erfahrungen. Sie werfen eine kleine punktuelle Sicht in die
Geschäftspolitik des Verlags auf Fehler und auf wenig bekannte Angebote.
Dem Kartonmodellbau möchte ich für den
Einblick in die Kataloge danken.
Hinweis: Durch Klicken auf die Bilder
kann eine Vergrößerung des Bildes aufgerufen werden.
Das PapierTheater Nr.26
SEITE 8
April 2012
Vorschau
Webzeitung 27: Ausblick
In der Juni-Ausgabe wird die Serie "Wie ich zum Papiertheater kam"
mit einem Beitrag von Andrea Lindemann fortgesetzt.
Und wenn der Zustrom an neuen Berichten so anhält, wie für das Heft
26, kann man sich noch über den ein oder anderen Beitrag freuen.