Zeitungskopf

Editorial

Liebe Leserinnen und Leser,

das 25. Preetzer Papiertheatertreffen ist vorüber. Dieses Jahr konnten wir, wie letztes Jahr insgesamt 6 Rezensenten gewinnen.

Einen Bericht über den Ersten Papiertheater- spielerworkshop  im Seebad Heringsdorf/Bansin schließt sich an und unsere Reihe "Wie ich zum Papiertheater kam" wird durch einen Beitrag von Klaus Loose fortgesetzt.

Viel Vergnügen bei der Lektüre!

(mf)

 

INHALT – Nr. 29 – November 2012

25. Preetzer Papiertheatertreffen             7.-9. September 2012 von Nobert Neumann, Jens Schröder, Horst Römer, Olaf Christensen, Iris Förster und Uwe Warrach
Seite 2

Erster Papiertheaterspielerworkshop im Seebad Heringsdorf/ Bansin
von Uwe Schlottermüller, Brigitte Lehnberg und Robert JährigSeite 3

Wie der Fund einer blauen Mauritius ...
von Klaus Loose
Seite 4


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Das PapierTheater Nr.29                           SEITE 2                       November 2012

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Preetzer Jubiläums- Fest-Menü


 

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Hana Vor�kov� and Muziga – Hana Vor�kov�, Helena Vedralov�, Jiri Vedral, Tschechien
Moving Pictures – Bewegte Bilder

Die Bühne ist denkbar simpel: ein rechteckiger Kasten, etwas größer als ein Schuhkarton. Ein Bühnenportal ist ausgeschnitten und mit Transparentpapier bespannt. Die Bühne kann von vorne und von hinten beleuchtet werden, so dass sich die Effekte des Schattentheaters (Licht von hinten) mit farbiger Gestaltung (Licht von vorne) verbinden lassen.
Moving Pictures, Bewegte Bilder – einige Beispiele: Die Sonne geht auf über dem Wasser (einfache Wellenlinien), sie läuft über den Horizont. Plötzlich taucht rechts ein Strichmännchen mit erhobenen Armen auf, fängt die Sonne und wirft sie zu einem gegenüberstehenden Männchen zurück: Aus der Sonne ist ein Ball geworden. Am Ende der Aufführung wiederholt sich die Szene, diesmal bleibt aber eines der Männchen an der Sonne hängen. Sie hat sich in einen ein Fesselballon verwandelt. In dem Moment, wo dieser nach oben entschwindet, schwebt an einer Angel ein größerer Ballon mit einem entsprechend größeren „Passagier“ durch den Raum - Ein Nachthimmel über Bergsilhouetten, die Sterne des Großen Wagens sind zu sehen. Es erscheint eine Hand mit einem Stift und verbindet die Sterne zu einem Wagen, ein Zugtier wird davor gemalt, das Gefährt verlässt seinen Platz und taucht auf einer sich drehenden Himmelsscheibe über der Bühne auf. - Auf ein leeres Transparent malt die Künstlerin Wellen, dann die Konturen fliegender Vögel. Die Vögel werden mit Linien verbunden und wir erkennen nach und nach ein Gesicht mit geschlossenen Augen. Dann „öffnen“ sich die Augen, d. h. Augäpfel und Pupillen werden eingefügt, und ein gütiges Wesen schaut uns an. - Ein kleiner Sack an einer Schnur senkt sich von oben herab. Links und rechts marschieren Strichmännchen auf, die mit Speeren um den Sack kämpfen. Die Hand der Spielerin wischt von hinten die Männchen weg: Es bleiben Kreuze übrig. Damit die Zuschauer nicht zu sicher werden in ihrem moralischen Urteil (wer wäre nicht gegen Krieg und Aggression), senkt sich ein realer kleiner Sack an der schon erwähnten Angel über die Köpfe der Zuschauer – zum Greifen nahe!
Auf diese Weise werden uns in einem Dutzend Ministücken kleine, überraschende, humorvolle, besinnliche Geschichten erzählt. Sie werden begleitet von Helena Vedralov� (Geige, Gesang) und Jir� Vedral (Gitarre, Spieluhren, Perkussion), der auch die Angel bedient. Die beiden Künstler spielen die einfühlsame Zwischenmusik und gestalten dezent, aber effektvoll Geräusche und Stimmungen. Hana Vor�kov� führt nicht nur die Figuren und zeichnet live, sondern übernimmt hin und wieder Minirollen. So schaut sie versonnen dem Ballon nach, wenn er an der Angel in die Lüfte entschwindet. Überhaupt verfügt die Künstlerin über eine äußerst beredte Augensprache.
Hana Vorikov� ist schon mehrmals in Preetz aufgetreten (und wird hoffentlich noch oft auftreten). Gelegentlich wurde diskutiert, ob ihre Aufführungen überhaupt noch Papiertheater sind. Wie dem auch immer sei – ich halte sie für eine der genialsten Spielerinnen bzw. Grenzgängerinnen auf dem Gebiet des Papiertheaters. Ihre Stücke verbinden immensen Einfallsreichtum bei einfachsten technischen Mitteln. Sie sind perfekt in Präsentation und Timing und der Verbindung von Bewegung und Ton. Sie verbreiten gute Stimmung, machen manchmal nachdenklich, ohne mit der Moralkeule zuzuschlagen, und schenken den Zuschauern Momente der Magie, ohne dass man seinen Verstand dabei aufgeben muss.
Horst Römer


Der Titel ist Programm: Aus der Sonne, die über den Wellen am Firmament von links nach rechts wandert, wird ein oranger Ball, Kinder spielen im Wasser. Über dem Acker erheben sich Krähen, die sich langsam in ein Gesicht verwandeln, das schließlich gütig auf den bearbeiteten Ackerboden herabschaut. Schmetterlinge schlüpfen aus ihrem Kokon, Augen werden zu Fischen, zu einer Brille. Ein Angler sitzt im Boot, der Haken verschwindet im Wasser, ein Fisch beißt an. Aus einem Kind werden Hände, wird ein Engel.
Sehr gelungen spielt Hanna mit dem Hoch- und Querformat ihrer Rahmen, bewegt die Figuren hinter dem Transparentpapier oder malt auf das Papier und erweckt so neue Bilder zum Leben. Dabei wird sie virtuos begleitet, vorwiegend mit Gitarre und Geige, aber auch andere Instrumente kommen zum Einsatz. Während und nach dem Spiel schwebt eine Angel über die Köpfe des Publikums hinweg zur Bühne  und wird mit Accessoires aus der soeben gespielten Szene bestückt. Ein oranger Ballon, ein Mobile mit Schmetterlingen, ein Fisch. So wechselt das Raumgefühl – vom zielgerichteten Blick auf die Bühne zur Wahrnehmung des großen Ganzen. Einfach zauberhaft!
Iris Förster



Papiertheaterwerkstatt Heike Ellermann – Heike Ellermann, Oldenburg
Die Papiertiger

Ein Kamel, ein Seehund und ein Affe arbeiten im Zirkus Belzoni. Sie sind sehr unzufrieden: einfallslose Auftritte, triste Quartiere – kein Wunder dass sie Sehnsucht nach ihrer Heimat haben. Die drei Tiere unternehmen einen Fluchtversuch. Doch die Welt außerhalb des Zirkus ist ungewohnt und voller Gefahren. Sie kehren zum Zirkusdirektor zurück, dieser sieht ein, dass sich etwas ändern muss, und will aus den Dreien die neuen Bremer Stadtmusikanten machen. Aber die Tiere sind akrobatisch überfordert; es gelingt ihnen nicht, sich aufeinander zu stellen. Der Zirkusdirektor kündigt die „Weltsensation“ trotzdem an. Bei der Uraufführung  erscheinen Kamel, Seehund and Affe als maskierte Tiger. Panik bricht aus und nun gelingt die Flucht in eine neue, ungewisse Zukunft.
Heike Ellermann ist eine Buchautorin und Illustratorin aus Oldenburg und so nimmt es nicht Wunder, dass die Geschichte schön erzählt und eindrucksvoll ins Bild gesetzt wurde. Die Kulissen der traditionellen Papiertheaterbühne waren tief gestaffelt – vor allem die Parks und Wälder – und effektvoll konturiert. Die Beleuchtung konzentrierte sich auf die Prospekte – häufig mit transparenten Elementen, die von hinten beleuchtet wurden. Die Seitenkulissen waren nur leicht angeleuchtet, so dass sich eine interessante Mischung aus Papiertheater und Schattentheater ergab. Dieser Eindruck wurde noch dadurch verstärkt, dass die Künstlerin die Zirkusszenen und die ungewohnte Welt draußen in Schwarz-Weiß- und Grautönen gehalten hatte. Nur für die Träume der Tiere, die Versuche des Direktors, durch neue Zirkuswagen den Arbeitsplatz angenehmer zu machen, sowie für die Befreiung hatte sie Farben  gewählt. Eine insgesamt stimmige und stimmungsvolle Farbgestaltung. Ergänzt wurde das Ganze noch durch einen professionellen Sprecher, der nicht nur die Charaktere einfühlsam gestaltete, sondern auch für dezenten Humor und leise Ironie sorgte. Auch der von Profis geschaffene Sound passte hervorragend zu Text und Bildern.
Ein klar aufgebautes, ruhiges Stück, dennoch abwechslungsreich durch relativ viele Kulissen. Damit komme ich zu einem kleinen Einwand: Die Wechsel der Kulissen dauerten nach meinem Empfinden – aber nicht nur nach meinem – zu lange. Da das Stück einen insgesamt beschaulichen Charakter hat, sollten nicht auch noch die Umbauten unnötig verzögert werden. Man muss beim Kulissenschieben ja nicht derart ins Schwitzen geraten wie Robert Poulter, aber ein bisschen mehr Tempo hätte das Aufkommen von Langeweile sicher verhindert.
Horst Römer


Hanauer Papiertheater – Anne Garrecht, Terry Andrews, Helmut Wurz, Frankfurt
Die Sauerkrautprinzessin

Dabei handelt es sich um Liselotte von der Pfalz, die aus Staatsraison den lasterhaften Herzog von Orléans hatte ehelichen müssen und so an den feudel-verkommenen Hof Ludwig XIV geraten war. Die bodenständige, resolute Liselotte zeigt dem hochnäsig-arroganten Adel und seinen Schranzen, was eine Harke ist, schockiert die königlichen Spitzenköche mit ihrer Bestellung von Knackwurst und Sauerkraut und macht aus einem blaublütigen Sittenstrolch einen liebevollen, treuen Gatten. Die leicht frivole Geschichte wird von Couplets wie „Mein Gott, wie sind wir vornehm“ begleitet, die namentlich die Ohren älterer Zuschauer erfreuen. Ein flott inszenierter Spaß, bei dem es nicht stört, dass er historisch nicht voll abgesichert sein soll. Dafür ist er gelungen. 
Uwe Warrach


Haases Papiertheater – Sieglinde Haase, Martin Haase, Remscheid
Vom Zauber des Rheins – Eine �Sagen�hafte Schiffsreise von Bingen nach Köln

Premieren tragen ja noch mal eine ganz besondere Stimmung in sich, einen Kitzel, der über die „normale“ Aufführung hinausgeht. Und so macht es sicherlich viel vom Gesamteindruck des Papiertheatertreffens aus, mit welchem Stück man am Freitagabend einsteigt. Ich habe einen Volltreffer gelandet und zum Auftakt zwei Stücke gesehen, die schon mal die ganze Bandbreite aufzeigten. Eines zeigte den Zauber des Rheins.
Es gibt drei Möglichkeiten, den sagenhaften Rhein zu erleben, erläutert Martin Haase vor der Aufführung:
1.    Man fährt selber hin und schaut ihn sich an.
2.    Man genießt den Rheinwein, bis man weiße Mäuse, Jungfrauen und Ritter sieht
3.    Man besucht eine Papiertheateraufführung.
Wohlan, das habe ich getan: Wie Perlen an einer Kette reihen sich kurze Szenen zu den mehr oder weniger bekannten Sagen des Rheins, verbunden durch eine witzige, fantastisch umgesetzte Rahmenhandlung – ein Bootsausflug auf dem Rhein. Die Reisenden werden vor und nach der Fahrt von ihrer charmanten Reisebegleiterin zur Kasse gebeten und sehen die Loreley, einen Schützenwettkampf, sehen Drachen und Jungfrauen und fühlen mit dem Mönch, der die Bibelworte „1000 Jahre sind wie ein Tag“ am eigenen Leib erfährt. Klares Spiel, perfekte Inszenierung ohne perfektionistisch zu wirken. Ganz großes Theater!
Iris Förster

Sieglinde und Martin Haase luden Ihre Zuschauer ein, eine muntere Reisegruppe auf eine Rheinschifffahrt zu begleiten. Kaum dem knallroten Reisebus entstiegen, ging die aus fotografischen Vorlagen gestaltete Touristengruppe samt Reiseleiterin in Bingen an Bord, und los ging’s, indem sich allerdings nicht der Dampfer in Bewegung setzte, sondern – wunderbarer Papiertheater-Zauber – ein herrliches Wandelpanorama. Ein Freund der Haases hatte zu diesem Zweck das um 1830 von Jacob C. Becker gezeichnete „Panorama des Rheins“ sehr gekonnt koloriert.
Auf der Fahrt wurden viele Rheinsagen auf der Papiertheaterbühne lebendig. So wunderten sich die Damen der Reisegruppe beispielsweise beim Passieren der Lorelei darüber, dass sich Ihre besseren Hälften nicht wie sie auf der Steuerbordseite, sondern auf der felsabgewandten Backbordseite aufhielten – war doch hier eine menschgewordene Lorelei deutlich attraktiver als die leblose Natur. Wir wurden Zeuge, wie der blinde Schütze auf Burg Sonneck sich nicht seine Freiheit durch einen Probeschuss verdient hat, sondern lieber gleich seinen Widersacher direkt erledigte; wir sahen Untote unter größtem Einsatz der Haaseschen Nebelmaschine aus den Gräbern zu Himmerod aufsteigen und wir erlebten, wie auf dem Drachenfels die bereits erwähnte Nebelmaschine einem fürchterlichen Jungfrauen-verspeisenden Drachen zu seinem eindrucksvollen Auftritt verhalf. Die Heinzelmännchen kamen erbsenbedingt zu Fall und der Mönch von Heisterbach verpasste durch seinen mehrhundertjährigen Schlaf, wie aus den Ruinen seines Kloster die Filiale eine schwedischen Möbelimperiums erwachsen ist. Dies alles wurde kurzweilig und absolut sehenswert in Szene gesetzt -  Höhepunkt war jedoch das Feuerwerk am Ende: dies war so verblüffend gemacht, das es sich der Zuschauer eigentlich nur mit „Projektion“ erklären konnte. Martin Haases Erklärungen nach der Vorstellung zeigten, dass es viel, viel einfacher war. Das ist die wirkliche Magie des Papiertheaters - rheinfach zauberhaft !
Jens Schröder


Hellriegels Junior – Gerlinde Holland, Willem Klemmer, Kiel
Ein Nilpferd kommt selten allein / Max und Moritz

Eine kurze Familiengeschichte zuvor (entschuldige Willem, aber das muss sein...):
In den 1980er Jahren entdeckte der Schauspieler und Rundfunksprecher Heinz Holland das Papiertheater für sich. Und machte dabei eine interessante Ausgrabung: Einer seiner Vorfahren, der Drucker Carl Hellriegel in Berlin, hatte Papiertheater-Bogen gedruckt.
Also nannte Heinz Holland sein Papiertheater „Carl-Hellriegel-Nachfahren“. Mit seiner Frau Gerlinde brachte er nun jedes Jahr zum Preetzer Papiertheatertreffen eine deutsche Ballade auf die Bühne und gewann eine kleine Verehrergemeinde. Bis zu seinem Tod 2001.
Und nun „Hellriegels Junior“, der zehnjährige Willem Klemmer mit seiner Großmutter Gerlinde.
Der erste Auftritt vor zwei Jahren hätte noch ein kurzes Aufflackern sein können, eine Sternschnuppe am Papiertheaterhimmel. Begrüßt und vergessen. Das 25. Preetzer Papiertheatertreffen, Juniors dritter Auftritt, aber hat die Bühne als Podium der Umsetzung von Bilderbüchern in das dreidimensionale Papiertheater – fast möchte man sagen – etabliert.
Ja, ja, die Tierliebe... Da geht der Robert nichts ahnend spazieren und – hat plötzlich ein Nilpferd an der Hacke. Gar nicht so einfach, die Eltern davon zu überzeugen, dass das Tier im Planschbecken in Hausgarten doch eigentlich gut aufgehoben ist. Aber, aber „Ein Nilpferd kommt selten allein“. Bald ist es eine ganze Herde, die dem Robert in den Garten folgt. Das ist den Eltern zuviel! Im Branchenadressbuch finden sie die Nummer einer geeigneten Zauberin. Die kommt, verabreicht dem Robert eine Pille – Blitz, Krach, Bumm – und die Nilpferde sind verschwunden! Aber, aber, na ja, mehr wird hier nicht verraten...
Mit Max und Moritz sprengt dann auch „Hellriegels Junior“ den traditionellen Papiertheater-Rahmen. Ein Aufsteller, dessen Front ein dicker Tulpenstrauß schmückt,  in der Apotheke entdeckt, eine quadratische Pappsäule mit drei rechteckigen Öffnungen übereinander, die wohl eigentlich für ein Schönheitsmittelchen werben sollte, reizt die Papiertheaterspielerphantasie und wird zum Tulipan-Theater!
Richtig! Die drei „Bühnenöffnungen“ sind doch wie die Kästchen einer Bildergeschichte. Besonders geeignet für das Häuschen der Witwe Bolte: unten der Garten mit den Hühnern und dem Apfelbaum, an dem sie dann kläglich hangen – „Ach was war das für ein Graus!“ –  und wahlweise der Keller, aus dem die Witwe Bolte eine Portion vom Sauerkohle sich hole, in der Mitte der Herd, auf dem die Hühner „Lieblich in der Pfanne schmurgeln“ und oben das Dach mit dem Kamin, durch den die bösen Buben: „mit Vergnügen sehen sie die Hühner liegen...“
Und das Ende der Geschicht: Jubelnder Beifall für „Hellriegels Junior“, und vielleicht auch dafür, dass die Bühne ein lebendiges Argument gegen das ewige Lamento von der überalterten Papiertheaterscene setzt.  
Norbert Neumann


Muthesius Kunsthochschule – Studierende des Fachbereichs Raumstrategien, Klasse von Prof. Ludwig Fromm, unterstützt von Martin Witzel, Kieler Opernhaus, Kiel
Der Spinner

Thomas McMeyer ist der Spinner. Er züchtet Spinnen, spricht mit ihnen und wird letztlich Opfer seiner Leidenschaft.
Studierende des Studiengangs Raumstrategien an der Muthesius Kunsthochschule Kiel unter Leitung von Prof. Dr. Ludwig Fromm haben dieses Stück entwickelt. Der Vorspann entpuppt sich als „fadenscheinig“, wird der aus Fäden gespannte Schriftzug doch mittels Schwarzlicht erst sichtbar. Die comicartig entwickelte Figur des Thomas McMeyer agiert im Raum, das Spinnenlabor wirkt regelrecht gespenstisch. Leichte, weiße Papierkugeln – Kokons – erobern den  Raum und beherrschen die Szenerie, krabbelnde Insektenhandschuhe erobern die Bühne.  Eine Geschichte, die vom Ende her erzählt wird, eingesponnen in eine technisch und künstlerisch perfekte Aufführung: Hut ab! Das war richtig spannend.
Iris Förster

Papiertheater der urbanen Kriminaliät – Megi Koschwitz-Herrmann, Walter Koschwitz, Berlin
Kokain – Ein Dichterschicksal in Berlin

In ihrem „Papiertheater der urbanen Kriminalität“ zeichnen Megi und Walter Koschwitz das Schicksal eines Dichters nach, der im Berlin der 30er Jahre versucht Fuß zu fassen.
Doch zuvor wird der Zuschauer mittels Erzähler, der im weiteren Verlauf des Stücks dann den Protagonisten mit teils philosophischen Kommentaren begleitet,  mit dem Berlin der 30er Jahre bekannt gemacht.
Nach nur einem Auftritt von Kritikern verrissen, beginnt für den Dichter der Abstieg und er kommt vom Alkohol zum dem Stück seinen Namen gebenden Kokain.
Mit vernebelten Sinnen irrt er durch die Stadt, die inzwischen vom Krieg und Bombenangriffen gezeichnet ist. In der fast surrealen Schlussszene endet das Stück dann mit der Befreiung der Berliner Zoo-Tiere durch Bomben und – zumindest gefühlt – auch mit der des Dichters.
Das Bühnenstück bietet viel Fläche auf allen Ebenen, es mit Inhalt zu füllen und die Grenzen des Papiertheaters zu überschreiten.
Da sind zunächst die das Stück dominierenden Monologe, mit denen der Dichter vordergründig seine durch Drogen verzerrte Wirklichkeitswahrnehmung widergibt.
Hintergründig enthalten sie aber viele philosophische Ansätze, deren Vertiefung im Kopf des Zuschauers leider bisweilen mit der Schnelligkeit und Flüssigkeit des Spiels kollidiert.
So auch bei dem Hauptwerk des Dichters „Der Motor“, das eigens von Walter Koschwitz nur für das Stück gedichtet wurde.
Untermalt werden die Szenen von dissonanter Musik, die in Verbindung mit den Texten ein intellektuelles Reizklima schafft und den Zuschauer aus seiner geistigen Komfortzone holt.
„Keiner kann so schön Häuserruinen malen wie Koschwitz“, lautete der Kommentar eines Zuschauers. Und tatsächlich ist es ihm wieder einmal gelungen, die Handlung atmosphärisch dicht mit den entsprechenden Kulissen auszustatten.
Die Kulissen sind dann auch der eigentliche Stein des Anstoßes verbunden mit der Frage, wann und wo Papiertheater beginnt bzw. aufhört.
Eine Fahrt durch Berlin.
Bahnhöfe, Sehenswürdigkeiten und Leuchtreklamen fliegen vorbei – in der ganzen Vorstellung vollzieht sich der Kulissenwechsel fließend und die Handlung wird in einem Stück durchgespielt.
Der Zuschauer staunt. Berlin,  Mitte der 30er Jahre.
Aus einer Menschenmenge verschwinden plötzlich Personen.
Der Zuschauer versteht – auch ohne verdeutlichenden Text des Erzählers – was gemeint ist und staunt noch mehr. Berlin im Bombenhagel, eine ganze Bomberflotte im Anflug. Der Zuschauer ist baff. Nach dem Vorhang dann die Erklärung: bis auf wenige Seitenkulissen und die bewegten Figuren im Vordergrund handelt es sich um eingescannte Bilder, die auf einem Bildschirm als Video abgespielt werden.
Ist das noch Papiertheater? Reicht das Hin- und Herschieben von Papierfiguren vor einem Computerbildschirm aus, Papiertheater zu sein?
An dieser Frage schieden und scheiden sich die Geister.
Koschwitz erklärtes Ziel ist, mit Papiertheater zu provozieren, Grenzen zu überschreiten. Das gelingt ihm nicht nur mit seinen Stücken selbst, die beim Zuschauer thematische Auseinandersetzung einfordern, sondern nun auch mit der Art und Weise der Darstellung. Und er macht es einem auch da nicht leicht: Die Kulissen kommen zwar als Video über den Bildschirm eingespielt, sind aber vorher alle mit der Hand gezeichnet worden, so dass ihr Flair trotz Digitalisierung erhalten geblieben ist. Das gilt ebenso für die räumliche Tiefenwirkung, die nicht nur durch die Seitenkulissen, sondern eben auch durch die digitale Umsetzung den Eindruck eher verstärken.
Hier muss der Zuschauer selbst entscheiden, wo seine persönliche Grenze liegt. Die klassischen Tricks wie Kerzenbeleuchtung und Blitzpulver nutzt heute schon aus Sicherheitsgründen niemand mehr bei öffentlichen Aufführungen. Dafür kommen LED-Leuchten, Lichtmischpulte, sowie Computer und CD-Player als akustischer Hintergrund zum Einsatz.
Ist nicht bereits das Übertechnisierung, oder nur das Ausreizen des technisch Machbaren im Genre Papiertheater? Papiertheater jedenfalls lebt von der Überschreitung seiner Grenzen, von der Verblüffung seiner Zuschauer und einem nachhaltigen Erinnern. Das ist bei Koschwitz‘ „Papiertheater der urbanen Kriminalität“ mit Sicherheit der Fall und das Stück „Kokain“  somit ein wichtiger Beitrag zur Vielfalt der Bühnen in Preetz.
Olaf Christensen
 

Papiertheater Pollidor – Barbara und Dirk Reimers, Preetz
Der Fürst der Finsternis

Der Direktion war die Premieren-Sorge anzumerken, ob das Publikum, egal ob mit oder ohne Programmzettel, diese absurde Geschichte überhaupt verstehen würde. Vom Land des Mahdi aus antiken Trümmern des Sudans heraus geht es, im 19. Jahrhundert, direkt auf den Mond, um dort sagenhafte Goldschätze zu heben. Das geschieht mit Hilfe von Techniken, die selbst Jules Verne bestenfalls in besoffenem Zustand prophezeit haben möchte – und doch: Die Handlung ist ebenso zweifelhaft wie zielorientiert, sentimental wie witzig und so trivial wie achtersinnig. Dabei überzeugt die Auswahl klassischer Kulissen von Ausgrabungsstätten und Mondlandschaft. Die nicht kleine Figurenschar verlangt den beiden live Sprechenden einiges ab. Es ging alles gut, auch das Verstehen: Es war (wie so oft) auf der Bühne alles viel klarer als in den Schauspielführern.
Uwe Warrach


 

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Das PapierTheater Nr.29                           SEITE 3                      November 2012

Papiertheater-Workshop

Erster Papiertheaterspielerworkshop

 im Seebad Heringsdorf/Bansin  vom 31.08.2012 – 02.09.2012

von Uwe Schlottermüller, Brigitte Lehnberg und Robert Jährig

 


                  Workshop




 

Harry Oudekerk hatte vor einiger Zeit im Forum die Idee für ein Treffen der Papiertheaterspieler, ohne Zuschauer und Kritiker, bei dem gespielt, ausprobiert und sich ausgetauscht wird.  Er nannte dies seinen „Traum“. Einige Spieler, die im Forum Papiertheater schreiben, griffen diese Idee freudig auf.  So wurde im Forum beraten und beschlossen, Harry Oudekerks Traum Wirklichkeit werden zu lassen. Nach einigem hin und her über den Termin einigten wir uns dann auf ein Wochenende vor Preetz im Seebad Heringsdorf.  Wir, das sind Robert Jährig, Uwe Schlottermüller und Brigitte Lehnberg. Leider konnte Harry nicht kommen, was wir sehr bedauert haben. 

Freitagabend fanden wir uns zur Begrüßung und zum ersten Kennenlernen bei einem gutem Essen zusammen. Schnell entstand eine freundschaftliche Arbeitsatmosphäre, die sich über die gesamte Zeit des Workshops erstreckte.       

Am nächsten Morgen trafen wir uns nun in unserem "Seminarraum". Robert Jährig hatte dort schon am Freitag seine für den Workshop zur Verfügung gestellte Eickemeyer-Bühne aufgestellt. Diese ist von ihm nach alten Plänen selbstgebaut, eine beeindruckende und große Bühne, die kaum Wünsche offen lässt. Sie regte zunächst einmal zur Diskussion über Vor- oder Nachteile von großen bzw. kleinen Bühnen an.  

Die Lichttechnik, die Versenkungen, der schnelle und gleichzeitig sichere Wechsel der Hintergründe und Kulissen wurden ausgiebig ausprobiert und getestet.  

Ein großes Thema am Vormittag war Beleuchtung und Lichttechnik mit LED. Dazu wurde mit verschiedenen Stimmungsvarianten experimentiert und ihre Wirkung zur Verstärkung der Illusion anhand von Bühnenbildern getestet.  

Nach einem ausgiebigen gemeinsamen Mittagessen und einem Spaziergang ging es am Nachmittag weiter.    

Robert Jährig stellte uns einige Bühnenbilder seiner in Vorbereitung befindlichen neuen Stücke vor, die im Oktober und Dezember Premiere haben werden. Auf der großen Eickemeyer-Bühne ergibt sich eine durchaus intensive und beachtliche Perspektive, welche den Zuschauer förmlich in das Geschehen auf der Bühne zieht. 

Ebenso hatte Brigitte Lehnberg Kulissen und Bühnenbilder dabei. Sie stellte ihren "Fliegenden Holländer" vor. Die gezeigten Szenen wurden analysiert und gemeinsam wurde nach Möglichkeiten gesucht, das Gesehene zu verbessern. Dabei wurde auch festgestellt, daß Handlungen, die sich auf der Bühne oftmals nur mit großen Schwierigkeiten darstellen lassen, in die Kulisse verlegt werden können. Das regt die Phantasie der Zuschauer sehr an.  

Robert Jährig stellte im Anschluss noch die Kurzoper "Der Freischütz" vor. Hierbei brachte er auch einen Ausschnitt der Versionen von 1928 und 1943 auf seinem Grammophon zu Gehör.  

Der Abend klang bei einem gemeinsamen Abendessen und weiteren Fachgesprächen aus.   

Der Sonntag war dann dem Sprechunterricht mit Uwe Schlottermüller vorbehalten. Obwohl uns die Bedeutung von Betonung bekannt ist, hatten wir doch bei der Umsetzung einige Schwierigkeiten. Unter Uwes fachkundiger, kritischer und einfühlsamer Anleitung gelang es letztlich, Textzeilen mit verschiedener Betonung und Aussage zu sprechen und dies als gestalterisches Mittel einzusetzen. Die Wichtigkeit dieses Themas kann man nicht genug hervorheben. Wir sind uns darüber einig, dass so etwas, auch bei einem kommenden Workshop, unbedingt dabei sein sollte.  

An dieser Stelle wollen wir nun auch unseren Papiertheater Nachwuchs erwähnen. Felix, 8 Jahre, der Uwe begleitete, erfreute und bereicherte uns mit seinen kreativen Anmerkungen und Ideen. Für ihn gab es auch die Möglichkeit, mit einem iPad die Pollocks App ausgiebig zu testen, was ihm augenscheinlich viel Freude bereitete.  

Unser Fazit: Es war ein gelungenes Treffen, von dem wir alle neue Einblicke und Erkenntnisse mitnehmen konnten. Sich einmal persönlich getroffen zu haben, war ein zusätzliches Vergnügen. Robert Jährig denkt darüber nach, im kommenden Jahr erneut einen Workshop der Spieler zu organisieren und damit Harrys Traum weiter mit Leben zu erfüllen.



 

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Workshop


Workshop


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Impressionen aus dem Workshop


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Das PapierTheater Nr.29                           SEITE 4                       November 2012

Serie „Wie ich zum Papiertheater kam“ - Folge 5

Wie der Fund einer blauen Mauritius...

von Klaus Loose    



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In diese erste Zeit nach meiner Flucht fielen zwei große, mein ganzes Leben bestimmende Ereignisse. Abgesehen davon, dass ich in meinen Brotberuf (damals noch beim Zoll) schnell wieder hineinkam, waren das als Nummer eins eine Frau, Prof. Gertrud Weinhold, international berühmte Sammlerin christlicher Volkskunst. In voller Unschuld hatte ich mich an sie mit einer Frage, welche eine Weihnachtspyramide aus dem Erzgebirge betraf, gewandt. Ohne mir Zeit zum Nachdenken zu geben, gliederte sie mich sofort in ihr ehrena mtliches Team ein. Ihr Name wird für immer mit den berühmten Weihnachtsausstellungen am Berliner Funkturm verbunden bleiben. Dort blieb ich dann 35 Jahre lang bis zu ihrem Tode als „rechte Hand“. Sie brachte mich mit Wilhelm Reinking, dem Bühnenbildner und Ausstattungschef bei der Deutschen Oper in Berlin, zusammen. Die Kniffe und Tricks der barocken Bühne beherrschte  er alle un d hat sie an mich weitergegeben. Ich lernte,  wie man eine offene Tür malt und den Eindruck einer unendlichen Weite schafft und dergleichen mehr. Das war das „Ereignis Nr. 2“.

Noch in der Westberliner Zeit gelang es mir bei einem Schlendergang durch die Antiquitätengeschäfte, ein Theater aus dem Jahre 1810 zu kaufen. Davon kann man wirklich sagen: „Das gibt`s nur einmal.“ Darüber habe ich ein Buch geschrieben: „Es war wie der Fund einer blauen Mauritius.“ In diesem Theater, es war eine Spur größer als die üblichen Miniaturtheater, habe ich dann 44 Jahre lang Vorstellungen gegeben.

Einst  waren auf diesem alten Theater  große Werke gespielt worden, z.B. „Das Käthchen von Heilbronn“, 1821 „Der Freischütz“. Aus dieser Zeit sind noch Dekorationsteile in Gebrauch. Auch der brennende Palast, der im „Käthchen“ vorkommt, ist gottlob noch erhalten und wurde später von mir eingesetzt.

Mein Schwiegervater war mit Metallarbeiten vertraut und hat das Theater in jahrelanger Arbeit restauriert. Es war eine große Arbeit, aber immerhin: 1962, zehn Jahr nach meiner Hochzeit, konnte die erste Vorführung stattfinden. Wir haben als erstes den ‚Don Juan’ gespielt, eine Textfassung aus der Zeit kurz nach dem Erscheinen des barocken Ursprungswerkes. Ein ehrwürdiges Stück, Mozart hat es verarbeitet, Moliére desgleichen. Bei ihm heißt die lustige Figur Sganarelle. In unserer Fassung ist es der barocke Hanswurst.

Das fand stets in unserer Wohnung statt. 1960 sind wir nach Oldenburg i.O. umgezogen. Dort haben wir später ein Haus aus der Schinkelzeit gehabt. Ein mir befreundeter Immobilienhändler hat es mir verkauft und restauriert. Er überließ uns für das Theater mit 12 Plätzen eine extra dafür kostenlos ausgebaute Kelleretage.
Mit den  Premieren ging es dann immer so weiter. Von Oldenburg sind wir nach Bamberg gezogen. Dort ging es mir räumlich noch besser. Die Stadt hat mir nämlich 1980 kostenlos die Beletage eines Barockpalais mit 12 Fensterachsen zur Verfügung gestellt.

Und jetzt, verehrte Leser, geht es endlich los mit dem Thema „Papiertheater“.

Wir begannen, außer dem Marionettentheater auf der Bühne auch Papiertheater zu machen. Das erste war „Macbeth“. Ich habe niemals die Ratschläge meiner Papiertheater- Kollegen befolgt, die mir immer versicherten, um das Publikum aufmerksam zu halten, dürfe man nie länger als eine Stunde spielen. „Macbeth“ habe ich etwas gekürzt. Aber es hat trotzdem ca. 2 Stunden gedauert.  „Das Käthchen von Heilbronn“ habe ich überhaupt nicht gekürzt. Es ist in voller Länge gespielt worden und wird vielleicht heute noch gespielt. „Ritter Blaubart“ von Georg Trakl und „Der Kurier des Zaren“ wurden ebenfalls als Papiertheater ins Repertoire aufgenommen.
Ich habe mein Theater mit derselben Sorgfalt eingerichtet, ausgestattet und beleuchtet , als wenn ich für ein  großes Haus gearbeitet hätte.
Die zauberhafte Wirkung gut beleuchteten Theaters mit  K u l i s s e n besteht darin, dass jede Kulisse von vorn mit einer Garnitur mehrfarbigen Lichts von schwacher Stärke gleichmäßig beleuchtet wird, weil dies eine gleichmäßige Beleuchtung ergibt, die einem „Gemälde“ gleichkommt.

Meine Dekorationen dazu kamen meistens, sofern sie nicht von mir gemalt waren, von Trentsensky. Davon  hatte ich inzwischen eine große Sammlung in Schwarz-Weiss-Kopien, die ich gelegentlich auch vergrößert und in der Tiefe bearbeitet habe. Malerisch bearbeitet habe ich sie mit meinen Mitarbeitern.

In den wenigen von 1810 erhaltenen Dekorationsteilen aus Blech (eine spätere Erweiterung - etwa 1850 – ist aus fester Pappe) finden sich einige technisch interessante Teile. Zum „Käthchen“ gehört als Verwandlungsprospekt die Front von Kunigundens Palast, der brennen muss. Die Front des Palastes ist vollkommen erhalten, wurde restauriert und bricht in der Vorstellung brennend zusammen. Sie prasselt mit ohrenbetäubendem Geräusch herunter und gibt den Blick auf die Ruine frei. Dafür machten wir eine Lichtinstallation, die aus einem elektrischen Zimmerkamin stammte, unterstützt von einer üblichen Nebelmaschine. In dem Kamin gibt es eine Walze aus Drahtgeflecht. Diese warf durch eine raffinierte Konstruktion züngelnde Flammen auf ein Drahtgitter, das man nicht sehen konnte. Der Effekt war stets enorm.

Die Papierfiguren haben wir immer mit einem Stab von der Seite geführt. Die deutsche Führung war offenbar ganz allgemein eine Führung von oben mit einem senkrechten Draht.

Die seitliche Führung hatten wir im Papiertheaterverein kennen gelernt. Mit der Zeit haben wir verschiedene Möglichkeiten ausprobiert. Man kann ein Klötzchen machen und zwei winzigkleine Blechwinkel vorne anbringen, wenn man nichts anderes hat, steckt die Figur hinein  und macht den Stab daran. Doppelt so lang wie die Bühnenbreite, wenn die Figur von rechts kommt und nach links abgehen muss. Es gibt auch metallene Führungsstäbe, die eine Vorrichtung aus Draht zum Einklemmen haben und mit einem festen Draht von der Seite geführt werden. Ebenso gibt es Führungen, die man mit einem Ruck über ein Fadensystem umwenden kann, für Wendefiguren, die von beiden Seiten bedruckt oder bemalt sind. Das sind die Systeme, mit denen wir uns in den Vorstellungen abgegeben haben.
Immerhin hat so ein „Schinken“ wie „Macbeth“ 16 Bilder. Sich so etwas auf einer Miniaturbühne ansehen zu sollen, ist schon ein Wagnis. Mein Blick in mein Buch bleibt eben an dem Stuhl von Macbeth an der großen Festtafel hängen. Es ist ein Sessel, auf  dem der Geist von Banquo erscheint. Das haben wir ganz einfach transparent gemacht.

Dem Sessel sah man das nicht an. Es war ein großer gotischer Sessel. Er bot Platz für ein Portrait hinter der Lehne , während die Sessel der anderen Tafelgäste kleiner, bescheidener waren. Da glühte dann derOberkörper von Banquo auf.
Theater ist in erster Linie erstklassiges Handwerk.
Das Künstlerische kommt dann obendrauf. Nur so kommt man  zu schönen Ergebnissen. Wir haben die Jahrzehnte über an der ganzen Sache sehr viel Freude gehabt. Mit dem „Fliegenden Holländer“ (mit Kleinmarionetten) habe ich mich vom Theater in den Ruhestand verabschiedet.




 



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Das PapierTheater Nr.29                           SEITE 5                       November 2012

Vorschau

Webzeitung 30: Ausblick


 

In der Dezember-Ausgabe werden wir einen Weihnachtsbeitrag bringen. Die Serie "Wie ich zum Papiertheater kam" mit  einem Beitrag von Klaus Beelte fortgesetzt.

Weitere Artikel wie immer herzlich willkommen.

 

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