Forum Papier­theater e.V.

27. August 2020

Die Debatte nimmt Fahrt auf: Uwe Warrachs Appell an die Kreativität der Papiertheaterspieler

Wat nu?

Corona und wir

von Uwe Warrach

 

Im März wurde mir schweren Papiertheaterherzens klar, dass es kein Preetz 2020 geben würde. Nun besteht ja das zweifelhafte Glück der Pessimisten darin, dass sie meistens recht behalten: Im Mai kam die Absage. Doch dann boten unverdrossene Mutmacher Formen eines kleinen Trostes an: „Great Small Works“/ John Bell und Trudi Cohen, USA, veranstalteten toy theatre in Form von Videos. Inga Feldmann und Dirk Reimers riefen zur „Retrospektive Preetzer Papiertheatertreffen“ auf: selbst gemachte Videos für eine Ausstrahlung am 12.09.20, 15.15h, zum Zeitpunkt der vorgesehenen Eröffnung in Preetz. Robert Jährig, Papiertheater Heringsdorf, veranstaltete ein ähnliches Vorhaben am 04.07.20 auf Youtube. Eben als Anregung oder Trost, kein wirklicher Ersatz, das hatte auch niemand erwartet. Jede Figurine weiß, dass sie sowieso schon wie tot wirkt und dass dem gefilmten Papiertheater fast alles fehlt, was das Original ausmacht: Tiefe, Auditorium, die Einmaligkeit und das „Geheimnis dahinter“, wie Dirk Reimers es in der neuen EPT-Ausgabe (Nr. 8) nennt.

Uns, die wir dabei mitmachen oder mitgemacht haben, fehlt vielfach auch was: Grundkenntnisse, Wissen, Routine und Erfahrung mit diesem fremden Medium, mancher scheute davor, sich überhaupt auf so ein fremdes Terrain zu begeben. Aber diejenigen, die mitmachten, hatten Freude dabei, und wenn es nur sozusagen Widerstand gegen das gemeine Virus war.

Kritik an den fertigen Ergebnissen ist natürlich möglich, aber sinnlos. Zu hoffen, dass wir absehbar wie früher mit zwanzig, dreißig Leuten vor den Bühnen von Preetz unser kleines Glück wiederfinden, ist es auch. Wir wussten selbst, dass nicht all unsere Filmchen perfekt waren; ich habe von jeher Videoaufnahmen von Papiertheater für ebenso unangemessen gehalten wie die Ouvertüre zu „Don Giovanni“ auf der Mundharmonika zu blasen, aber auf See und im Felde war die Mundorgel ein Segen in Sturm und Geballer. Das, Freunde, ist unsere Lage.

(Hilfreich und solidarisch wären noch Handlungsanweisungen von Papiertheaterfreunden, die sich mit der Materie auskennen.)

Also: Wat nu? Die Filmchen, ebenso wie Peter Schauerte-Lükes Gartentheater sind erste Lebenszeichen. Lasst uns gemeinsam über weitere nachdenken. Wir könnten zum Beispiel die Video-Idee zu Werkstattbesuchen im Keller ausbauen. Oder, in unseren Publikationen, Ideen und Erfahrungen über Theatertechniken und Papiertheater-Dramaturgie austauschen. Was gäbe es noch zu tun?

Denkt jemand über all das nach, oder bangen und hoffen wir nur? Ich denke, Ideen sind unser täglich Brot, sollten wir da nicht etwas gebacken kriegen außer darauf zu setzen, dass schon bald alles wieder gut wird? Die Planungen für Preetz 2021 würden im kommenden Frühjahr beginnen; als ich dies schreibe, beginnt gerade der Schulbetrieb 2020 wieder, die Infektionszahlen steigen, ungewiss, was passiert. Wie auch immer. Lasst uns jetzt also Ideen nach Preetz tragen. Und falls alles doch nicht so schlimm werden sollte und wir uns 2021 dort wiedersehen können – wäre dann irgendetwas umsonst gewesen?